Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 03.01.2009

Qimonda-Hilfen: Unmut in der CDU wächst

Winkler kritisiert Bevorzugung großer Firmen
 
Dresden. Das neue Jahr beginnt in der Landespolitik ähnlich, wie das alte aufgehört hat: Mit einer Debatte um das Rettungspaket für die Dresdner Chipfabrik von Qimonda und ihre mehr als 3000 Arbeitsplätze. Am Dienstag trifft sich das Kabinett zu einer außerplanmäßigen Sitzung, anschließend tagen die CDU- und die SPD-Fraktion in einer gemeinsamen Sondersitzung, um sich von Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) und Finanzminister Georg Unland (parteilos) berichten zu lassen.

Im Vorfeld der Krisentreffen wächst allerdings der Unmut vor allem bei Christdemokraten, die offenkundige Zweifel an der Qimonda-Rettung hegen. In einem Brief an Jurk und Unland, der dieser Zeitung vorliegt, schreibt Ex-Staatskanzleichef Hermann Winkler (CDU): „Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, ,bei den Großen kommt der Staat mit viel Steuergeld und spannt einen Schutzschirm auf und beim kleinen Handwerker kommt der Insolvenzverwalter und schließt den Betrieb‘.“ Im Interesse der Steuerzahler sei auf eine Gleichbehandlung von Großen und Kleinen, von Hochtechnologiefirmen und dem traditionellen Handwerk zu achten. Über das sächsische Konjunkturprogramm für den Mittelstand müssten die Betroffenen besser informiert werden.

Winkler steht mit seiner Kritik nicht allein. CDU-Fraktionschef Steffen Flath forderte gestern im Gespräch mit dieser Zeitung, Firmen verschiedener Bereiche notfalls „in gleicher Weise zu helfen“. Wichtig sei zudem, „dass die staatlichen Hilfen nicht nur zum Verlustausgleich genutzt werden, sondern um den Standort langfristig zu retten“. Bisher ist vereinbart, dass Sachsen ein Darlehen von 150 Millionen Euro bereitstellt. Das Qimonda-Mutterhaus Infineon zahlt weitere 75 Millionen und Portugal 100 Millionen. Er befürchte jedoch, so Flath, dass bei der Rettung viel Geld vergeudet werden könnte: „Dass Infineon nur halb so viel bereitstellt wie Sachsen ist nicht gerade vertrauenserweckend. Was ist, wenn das Geld nicht reicht?“ Da Dresden der letzte Mikroelektronikstandort in Europa sei, sei auch die Hilfe des Bundes und der EU gefragt. „Es geht nicht nur um sächsische Interessen“, sagt Flath. Auch Ex-Innenminister Heinz Eggert hatte sich bereits kritisch geäußert: Man dürfe nicht mit dem Geld der sächsischen Steuerzahler spielen.

Dessen Kritik wies Jurk gestern auf Anfrage dieser Zeitung zurück: „Nicht jeder, der Kartoffelchips von Mikrochips unterscheiden kann, steckt wirklich in der Materie.“ Mit Winkler habe er aber bereits gesprochen und werde dessen Fragen beantworten. „Ähnlich wie bei Qimonda gibt es gute Instrumente auch für den heimischen Mittelstand, die bei Bedarf sogar noch aufgestockt werden könnten“, sagte Jurk. So könnten sich Mittelständler an das Beratungszentrum Konsolidierung (BZK) der Sächsischen Aufbaubank wenden.

Eine Kabinettsentscheidung über Qimonda ist Dienstag noch nicht zu erwarten. „Ich werde über den aktuellen Stand berichten und rechne mit der Unterstützung der Kollegen“, sagte Jurk vieldeutig. Zwar habe es zwischen den Jahren fortwährend Gespräche und Treffen etwa mit den Chefs von Qimonda und Infineon sowie mit Finanzminister Georg Unland und Staatskanzleichef Johannes Beermann (CDU) gegeben. Einen hochrangigen Bankier habe er sogar im Skiurlaub angerufen, betonte Jurk. Dennoch sei es schwierig, zwischen den Feiertagen alle offenen Fragen zu klären. Das 150-Millionen-Darlehen des Freistaates stehe aber, die EU-Kommission sei über das Rettungspaket unterrichtet und Berlin habe eine Bund-Länder-Bürgschaft für weitere Investitionen in neue Produktionsstufen der Fabrik in Aussicht.
Von SVEN HEITKAMP