Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 08.01.2009

Beingrätsche: CDU-Fraktion schießt gegen die eigene Regierung

Kommentar von Hubert Kemper
 
Politik funktioniert wohl so. Man lobt das Verhandlungsgeschick der Regierung, lehnt aber das Ergebnis ab. Man verspricht ihr Unterstützung, grätscht aber dem Ministerpräsidenten und Finanzminister voll in die Beine. Sinn würde ein solcher Widerspruch ergeben, wenn von der Opposition die Rede wäre. Doch es war Steffen Flath, Chef der Mehrheitsfraktion, der gestern mit seinem Veto zum Hilfspaket für Qimonda überraschte.

Der Eiertanz um die Rettungsversuche für den Pleite-bedrohten Chiphersteller geht also in eine neue Runde. Beifall seiner Fraktion für sein Bremsmanöver war Flath sicher. Die fachliche Bestärkung durch Georg Milbradt ebenso. Als einer der Väter der Leuchtturrnpolitik hat das Wort des Ex-Ministerpräsidenten besonderes Gewicht. Doch warum der Fraktionschef als ständiger Gast im Kabinett seine Einwände gegen das geplante staatliche Engagement nicht schon früher geäußert hat, bleibt unklar.

Deutlicher sind stattdessen Konturen neuer Gegensätze geworden. Die Bedenken der Fraktion finden Ausdruck im Machtanspruch ihres Wortführers. Mit ihren Ängsten vor dem Novum eines Nachtragshaushaltes laufen sie bei Flath offene Türen ein. Frühzeitig hatte sich dieser mit dem Verbot einer Neuverschuldung profiliert. Für unvorhergesehene Schadensereignisse hat dieses Gesetz aber ein Schlupfloch gelassen. Die Finanzkrise und der drohende Gau des Hightech-Standortes Dresden sind eine solche Katastrophe.

Frei von parteipolitischen Profilneurosen haben CDU und SPD bei den Überlebenshilfen für Qimonda an einem Strang gezogen. Nun droht ausgerechnet der mächtigste Koalitionär im Landtag mit seinem Veto. Einen Nachtragshaushalt lehnt er ab. Die Beihilfen sollen also aus anderen staatlichen Töpfen fließen. So würde sich die Volksvertretung die Finger nicht schmutzig machen, wenn das Geld, was Skeptiker befürchten, in dunklen Löchern des defizitären Unternehmens versickert.

Schwarzer Peter.

Er habe die Verhandlungsposition der Regierung gestärkt, glaubt Flath. In Wirklichkeit ist er ihr in den Rücken gefallen. Und er ist ein großes Risiko eingegangen: Scheitert die Rettung, liegt der schwarze Peter bei der CDU. Denn deren vor dem Austausch stehende Landtagsfraktion ist mit ihren Bedenkenträgern kein Spiegelbild eines Landes, das in der Krise auch unkonventionelle Wege nicht scheuen darf, um eine internationale Spitzenposition zu behaupten.