Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 09.01.2009

So gefährlich ist die Qimonda-Krise:

Tausende weitere Jobs bedroht
 
DRESDEN - Das „Nein“ von CDU-Fraktions-Chef Steffen Flath zum derzeitigen Rettungsplan der Staatsregierung könnte ungeahnte Folgen haben. Würde die Rettung der Infineon-Tochter scheitern, wären weitere 4 500 Jobs in „Silicon Saxony“ direkt betroffen - in bis zu 100 Firmen!

Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) zum Mikroelektronik-Standort Sachsen: „Es gibt 1200 Firmen mit 44 000 Mitarbeitern. Sie erwirtschaften einen Umsatz von sechs Milliarden Euro. Das sind mehr als zwölf Prozent am verarbeitenden Gewerbe in Sachsen.“ Seit Anfang der 90er-Jahre wurden zwölf Milliarden Euro hier investiert.

Mit einer Pleite von Qimonda könnte dies Geschichte sein! Ein Branchen-Insider exklusiv zur Morgenpost: „Die kritische Masse des Clusters verringert sich deutlich auf ein Niveau, das den Zusammenbruch des Clusters bedeuten kann. Als Folge einer Schließung von Qimonda gebe es einen Verlust von 4 500 Arbeitsplätzen bei Zulieferern.“ Zahlen und Fakten, die dem Wirtschaftsministerium vorliegen und den emsigen Qimonda-Einsatz von Minister Jurk erklären.

Hauptleidtragende seien kleine und mittlere Firmen - bis zu 100 der 550 Lieferanten wären direkt betroffen. Große Lieferanten, wie ASML, TEL oder KLA, müssten ihre regionale Aufstellung in Dresden überdenken. Weitere Neuansiedlungen „sind unwahrscheinlich“. Die Folgen würden direkt auf die Wirtschaftskraft Dresdens und Sachsens durchschlagen, mit Kaufkraftverlust der Mitarbeiter und fehlenden Steuereinnahmen.

„Vor allem Infineon-Dresden gerät mittelfristig in akute Gefahr, da die intern vorhandene und hochgradig vernetzte Infrastruktur mit Qimonda zusammenbräche und allein kaum finanzierbar wäre.“ Auch AMD würde mitgerissen: „AMD und Qimonda sind die einzigen Firmen in Dresden - zum Teil mit gemeinsamen Projekten -, die an neuen Technologien arbeiten. Diese großen Projekte mit notwendigen Synergien würden vollständig wegfallen.“ Künftige Investitionen von AMD würden dann wohl in den USA und in Vorderasien stattfinden.

Dramatisch für ganz Europa: Qimonda-Dresden forscht als einzige Chip-Firma Europas an neuen Technologien. Fiele deren Entwicklungsabteilung nun weg, wäre der Kontinent künftig von den USA und Vorderasien abhängig. Konkurrenz-Standorte, die schon heute deutlich mehr Staats-Gelder für ihre Chip-Firmen erhalten, als es in Europa von der EU-Kommission erlaubt ist.
Von Jens Jungmann