Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 17.01.2009
Proteste gegen Putin-Ehrung
Semperopernball: Ehrengast erhält Sachsen-Orden / Merkel fordert schnelle Lösung im Gasstreit
Dresden/Berlin (maj/S.H./DW/ddp). Das rauschende Fest des Dresdner Semperopernballs wurde gestern von einem heftigen Streit überschattet: Gegen die Vergabe des Sächsischen Dankordens an Russlands Regierungschef Wladimir Putin hat sich eine breite Front gebildet. Zudem erhöhte Deutschland den Druck im Gasstreit nochmals.
Der frühere DDR-Bürgerrechtler und Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer reagierte entsetzt auf die Ordensverleihung an Putin. „Wenn Herr Tillich die Laudatio auf Putins angebliche Verdienste hält, dann sollte er mindestens den früheren DDR-CDU-Chef Gerald Götting einladen – der kennt den KGB von früher besser“, sagte Schorlemmer unserer Zeitung in Anspielung auf Putins Geheimdiensttätigkeit zu DDR-Zeiten in Dresden. Auch die Ehrung für einen ehemaligen Stasi-General, mit dem Putin möglicherweise früher dienstlich verkehrte, sei nun denkbar. „So würden die brüderlichen Beziehungen zu unserem früheren Staatssicherheitsdienst wieder aufleben und gepflegt werden“, fügte Schorlemmer ironisch hinzu. Bei dieser Farce könne er, auch im Angesicht des Gasstreits mit Russland, den Ballgästen in der Semperoper nur wünschen, „dass es schön warm ist, ihnen aber bei einem solchen ausgezeichneten Ehrengast nicht zu heiß wird“.
Auch der frühere sächsische Innenminister Heinz Eggert (CDU), der Ex-Bürgerrechtler Werner Schulz (Grüne) und die Gesellschaft für bedrohte Völker kritisierten die Ordensverleihung. Putin habe als KGB-Offizier 1989 in Dresden „dem Neuen Forum zu verstehen gegeben, es wird geschossen, wenn die Demonstranten der Friedlichen Revolution sich der KGB-Zentrale zu sehr nähern“, schimpfte Schulz gegenüber DNN. Russlands Regierungschef erhält die Auszeichnung für seine Verdienste um den deutsch-russischen Kulturaustausch von den Veranstaltern des Semperopernballs.
Putin hatte vor seinem Auftritt in Dresden versucht, in Deutschland die Wogen des Gasstreits zu glätten. Nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hieß es, es gebe positive Signale für eine Lösung. Angela Merkel forderte erneut eine sehr schnelle Einigung. Es könne nicht sein, dass unter dem bilateralen Streit halb Europa leiden müsse. Gestern hieß es, die Gasreserven in Deutschland würden sich schneller verringern als erwartet. Bei einem wei- teren Ausbleiben der Lieferungen über die Ukraine drohe der Füllstand bereits in der kommenden Woche unter 50 Prozent zu sinken.