Karl Nolle, MdL

LVZ Leipziger Volkszeitung, 17.01.2009

Dresden erweist sich Bärendienst

Leitartikel von Sven Heitkamp
 
Wenn Dresdens Semperopernball in der internationalen Liga mittanzen will, sind die Dirigenten gut beraten, sich hochkarätige Stars einzuladen. Publicity tut nicht nur dem Fest gut, sondern auch dem Freistaat und seiner Landeshauptstadt. Doch Publicity sollte nicht zu jedem Preis erkauft werden – und die Integrität der mit dem Sächsischen Dankesorden Geehrten sollte über jeden Zweifel erhaben sein. Doch genau das ist bei Wladimir Putin leider nicht der Fall.

Nicht nur, dass die Organisatoren erst händeringend eine Begründung für den russischen Premier suchen mussten, und am Ende beim sächsisch-russischen Kulturaustausch landeten. Putin ist angesichts seiner militaristisch-geheimdienstlich geprägten Politikkarriere eine höchst ambivalente Besetzung für die Ehrung. Man mag dem einstigen Major des KGB sein ehrliches – und auch strategisch begründetes – Bemühen um ein gutes Verhältnis zu Deutschland zu Gute halten. Seine in fließendem Deutsch gehaltene Rede im deutschen Bundestag 2001 ist ein nachhaltiger Beleg dafür.

Doch beim bunten Abend im Dreivierteltakt kann eben nicht vergessen werden, dass der Ex-Präsident jahrelang einen verbrecherischen Krieg gegen Tschetschenien führte und Russland gegen ehemalige Nachbarn wie zuletzt Georgien völlig unverhältnismäßige Mittel einsetzt. Der Heilige Georg soll den Kampf für das Gute symbolisieren. Die getötete russische Journalistin Anna Politkowskaja wäre damit die bessere Adressatin für den Orden aus Dresden gewesen als ein Mann, der wegen Menschenrechtsverletzungen gegen Kritiker wie Abtrünnige massiv in der Kritik steht.

Als sein Einlader und Laudator war Ministerpräsident Stanislaw Tillich damit auf heikler Mission. Wenn spitze Zungen vermerkten, auf dem Ball spiele eine ehemalige Blockflöte zum Tanz für einen früheren russischen Geheimdienstler, ist das zwar böse formuliert, geht in der Sache aber nicht ganz fehl. Sicher mögen Tillich und Putin die sächsisch-russischen Kontakte und die Städtepartnerschaft Dresdens mit Sankt Petersburg pflegen. Eine Verbeugung in hochkarätigem Gold muss es dennoch nicht sein. Der Semperopernball ist mit seiner Ehrung zwar dem Ordenstitel „Adverso Flumine. Gegen den Strom“ treu geblieben. Seinem Image als kulturelles Erlebnis von internationalem Rang hat er jedoch einen Bärendienst erwiesen.
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