Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 27.01.2009
Sachsensumpf: ‚Hexenjagd' auf frühere Referatsleiterin
DRESDEN - Sie wurde stets als „durchgeknallte DDR-Staatsanwältin" bezeichnet, welche die Aktenaffäre „auf. gebauscht" und ins Rollen gebracht habe. Gestern sagte die einstige Referatsleiterin für organisierte Kriminalität im Landesamt für Verfassungsschutz LfV, Simone Henneck (49), im Sachsensumpf-U-Ausschuss aus und zeichnete ein ganz anderes Bild.
Physisch und psychisch gebrochen erschien Frau Henneck - mit drei Personenschützern - im Saal: „Ich weiß, ich muss hier nicht aussagen. Aber ich will die Hexenjagd meiner Dienstherren öffentlich machen. Ernst zu nehmende Drohungen gegen Leib und Leben halten mich nicht mehr von einer Aussage hier ab." Was dann kam, erwartete niemand: Vier Stunden lang schilderte sie detailliert - unter Nennung von Zeugen - den Druck, der von der Staatsanwaltschaft, ihren Vorgesetzten beim Verfassungsschütz und von Mitarbeitern des Innen- und Justizministeriums bis heute auf sie ausgeübt wird.
Frau Henneck beschrieb, wie sie zu den Ermittlungsergehnissen der später als „Sachsensumpf" bezeichneten, angeblich kriminellen Netzwerkes, in die auch Polizisten und Juristen verwickelt gewesen sein sollen, gekommen ist. Stets habe sie diese Ergebnisse der Spitze ihres Hauses und dem Innenministerium mitgeteilt. Ex-Minister Thomas de Maitiere (CDU), heutiger Kanzleramts Chef, habe sie im August 2005 noch in ihrer Arbeit bestärkt.
Anfang 2007 wurde der Sumpf öffentlich. Zu jener Zeit habe sie die bisherigen Ermittlungen als „zu unzureichend" eingeschätzt, um sie der Generalstaatsanwaltschaft zu übergeben. Es müsse erst noch tiefgründiger ermittelt werden. Die „Mafia Rede" von Innenminister Buttolo im Landtag habe sie daher schockiert.
Doch Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz hätten sie für die undichte Stelle gehalten, welche die Presse informiert habe: Verfassungsschutz-Chef Boos und sein Vize Vahrenhold hätten sie nach einem kompletten Zusammenbrach im Amt eine Stunde lang massiv bedrängt, dies zuzugehen. Die Notärzte mussten dafür sogar den Raum verlassen: „Das war psychische Folter". Noch auf dem Weg in die Uni-Klinik wurde ihr mitgeteilt, dass es nun ein Disziplinarverfahren gegen sie gebe.
Seitdem ist Simone Henneck gebrochen. Angstzustände und körperliche Beschwerden seien durch Drohanrufe - selbst auf der Intensivstation -, Vorladungen trotz Krankheit und Außerkraftsetzung sämtlicher rechtsstaatlicher Schranken durch die Staatsanwaltschaft noch deutlich verstärkt worden.
Geschockt lauschten die Abgeordneten der Aussage. Karl Nolle, (SPD) leise: „Wir haben es hier mit einer Justizaffäre ungeahnten Ausmaßes zu tun!"
Ju