Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 05.02.2009

Debatte um DDR-Vergangenheit der Parteien erneut entflammt

 
Dresden - In Sachsen ist die Debatte um die DDR- Vergangenheit einzelner Parteien erneut entflammt. Hintergrund ist ein Buch des aus dem Westen stammenden sächsischen SPD-Politikers Karl Nolle. Darin hat der 63-Jährige Biografien von mehr als 100 Christdemokraten aus dem Freistaat kritisch unter die Lupe genommen - auch die von Regierungschef Stanislaw Tillich. Der Band „„Sonate für Blockflöten und Schalmeien“ soll im März erscheinen. Tillich war bereits Ende 2008 in die Kritik geraten. Ihm wurde vorgeworfen, in Publikationen Details seiner beruflichen Karriere nicht vollem Umfang offenbart zu haben.

Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer ging am Donnerstag auf Distanz zu Nolle, der als Landtagsabgeordneter Teil der schwarz- roten Koalition ist. Auch die Linken schalteten sich in die Debatte ein. „Ich habe kein Problem damit, wenn Mitglieder der CDU zu DDR- Zeiten Verantwortung in Staat oder Gesellschaft innehatten. Ich habe jedoch ein Problem damit, dass das heute oft verschwiegen und umgedeutet wird“, erklärte der Landesgeschäftsführer der Linken, Rico Gebhardt. Die Union habe dafür gesorgt, dass nach 1990 in Sachsen Menschen ausschließlich nach ihrer politischen Biografie und nicht nach persönlichen Fähigkeiten beurteilt wurden.

Kretschmer konterte: „Nur wer in der DDR gelebt hat, kann über die Lebenswege der Ostdeutschen urteilen. Die DDR war eine Diktatur. Was die PDS versucht, ist, den Henker und die Gehenkten zu vertauschen. Die SED hatte das Gewaltmonopol“, sagte der 33-Jährige der dpa. Alle anderen Organisationen vom Gewerkschaftsbund FDGB, der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische-Freundschaft bis hin zur Block-CDU seien Anhängsel gewesen. Noch im Jahr 1989 habe die sächsische Union harte Schnitte beim Programm und dem eigenen Führungspersonal unternommen. „Wir haben unsere Vergangenheit angenommen. „Die Linke leugnet die Verbrechen in der DDR und hat sich auch nicht entschuldigt.“

Nolle meldete sich am Abend zu Wort. Ihm gehe es allein um den „wahrhaftigen Umgang mit eigener Geschichte“. Tillich und Kretschmer würden lügen, wenn sie behaupteten, mit der „heutigen Darstellung der Tillich-Biografie offen, ehrlich und transparent“ umzugehen. Bei der Diskussion um die Biografien ehemaliger CDU- Staatsfunktionäre gehe es „weniger darum, was sie damals gedacht haben, sondern um die Frage, mit welcher Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit und Offenheit sie heute mit ihren eigenen Biografien umgehen“. (dpa)