Karl Nolle, MdL

BILD Dresden, 19.02.2009

CDU-Generalsekretär Kretschmer zur DDR-Debatte

Auch SED-Leuten kann man vergeben
 
Dresden - Seit der SPD-Abgeordnete Karl Nolle (63) sein angebliches Enthüllungs-Buch mit DDR-Biografien von CDU-Politikern angedroht hat, wird wieder diskutiert: Darf so ein Mann aus dem Westen über das Leben im Osten urteilen?

BILD sprach mit Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer (33). Er sagt: „Über Menschen in der DDR urteilen sollte nur, wer hier lebte. Wer wie Nolle im Westen französischen Rotwein genoss und vom Sozialismus jenseits der Mauer träumte, hat dazu kein Recht!"

WEM KRETSCHMER HEUTE VERZEIHT - UND BEI WEM ER PROBLEME HAT:

- Mitglieder von Blockparteien
„Wir haben uns 1990 von vielen Funktionären getrennt. Wer pauschal verurteilt, kennt die wirklichen Machtverhältnisse in der DDR nicht. Man kann flieht jeden, der in irgendeiner Organisation war - ob Blockpartei, FDJ oder FDGB - als Stütze des Systems bezeichnen."

- SED-Mitglieder
„Die führende Rolle der SED war in der Verfassung festgeschrieben. Trotzdem zählt hier der Einzelfall. 20 Jahre später darf man nicht wie Nolle mit Schaum vor dem Mund Geschichte analysieren."

- Partei-Funktionäre
„Jeder verdient heute die Chance, durch einen normalen Job Geld zu verdienen. Auch alte Kader! Verzeihen kann man aber nur dem, der das auch will und sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt."

- Wachregiment- und Grenzsoldaten
„Wer beim ‚Felix Dzierzynski` oder an der Grenze als junger Mann damals seinen Wehrdienst leistete, muss die Chance haben, offen über seine Biografie zu reden. So wie es der jetzige SPD-Innenminister von Sachsen-Anhalt tut, der 1989 Offiziersschüler der NVA war. Niemand darf gebrandmarkt werden."

- Stasi-Spitzel
„Der Satz "Ach habe niemandem geschadet ist eine Ausrede. Wer allerdings auch noch stolz auf seine Spitzeltätigkeit ist, wie Volker Külow (48) von der Linken, hat nichts dazugelernt! Verzeihen kann ich den Tätern nicht - das können nur die Opfer."
von Chr. Fischer