Karl Nolle, MdL
Kandidatenvorstellung SPD Landesliste zur Landtagswahl Oschatz 7.3.09, 07.03.2009
Karl Nolle: Das sind meine politischen Wurzeln...
Das Projekt einer SPD als Emanzipationsbewegung wieder beleben ... und "die Ost-CDU soll die Klappe halten"
Liebe Genossinnen und Genossen,
In 2 Tagen werde ich 64 Jahre alt. An meinem 18 Geburtstag, also vor 46 Jahren bin ich in die Partei meiner Urgroßeltern, Großeltern, und Eltern eingetreten.
Meine Familie hat unsere SPD, die Partei August Bebels und Willy Brandts, seit 120 Jahren als Emanzipationsbewegung kennen gelernt und dafür gekämpft, für Freiheit und Demokratie, für gleiches und geheimes Wahlrecht für die Emanzipation der Frauen und gegen Ausbeutung und Unterdrückung jeglicher Art. Dazu gehörte immer viel Zivilcourage und Mut, nämlich klar und deutlich für politische Ziele einzutreten, unabhängig davon, ob es einem persönlich im Moment nützt oder nicht.
Das sind meine politischen Wurzeln.
Vielleicht schaffen wir es Genossinnen und Genossen das Projekt einer politischen Emanzipationsbewegung nach den Jahren des Kanzlers der Bosse wieder stärker zu beleben. Der Hamburger Parteitag bietet dafür zarte Ansätze. Die sozialpolitische Eiszeit die wir mit mit den schreienden Ungerechtigkeiten der gut gemeinten und doch so schlecht gemachten Agenda 2010 bei uns in Gang gesetzt haben war der Beginn des Verlustes von politischer Macht und Gestaltungskraft, des Verlustes von Parteimitgliedern und Wählern.
Dazu kommt die himmelschreiende Ungerechtigkeit zunehmenden Armut, von Kinder und Altersarmut und der immer weiter auseinander gehenden Schere zwischen Arm und Reich.
Genossinen und Genossen, es geht beim Thema Armut nicht um gerechte Teilhabe, sondern um das Recht auf Beteiligung. Arbeitslose und ausgegrenzten haben Rechte und dürfen nicht nur teilhaben sie haben politische Rechte wirtschaftliche Ansprüche und bürgerlicher Freiheitsrechte.
Ich bestreite, dass die Massenarbeitslosigkeit Folge mangelnder Bildung ist. Arbeitslosigkeit und Armut ist kein individuelles Schicksal das auch nur individuell überwunden werden kann.
Nein Arme und Ausgegrenzte haben einen Rechtsanspruch auf Arbeit, Bildung und Gesundheit. Für manche politische, wirtschaftliche, ja auch kirchliche Eliten bedeuten Arbeitslosigkeit und Armut individuelles Schicksal, dem sie als barmherziger Samariter begegnen.
Genossinnen und Genossen, wir haben die Frage nach gerechter Macht zu stellen.
Der eigentliche Skandal in Deutschland ist doch erstens, dass trotz der politischen Versprechungen des Wohlstands für alle und der Verteilung von Wohltaten die Zahl der Unterschichtangehörigen seit den siebziger Jahren immens gestiegen ist und zweitens, dass diese gesellschaftliche Problematik von den Regierungen, auch unseren, nicht ausreichend zur Kenntnis genommen worden ist. Es ist wie ehemals im real existierenden Sozialismus: es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Und Genossinnen und Genossen, was bleibt von der sozialistischen Version unserer Großväter um Großmütter? Eine Frage, die gerade in den letzten Wochen und Monaten zunehmend offensichtlich wird.
Was bleibt von unserer Vision des Demokratischen Sozialismus, der Vorstellung einer Gesellschaft der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität. Diese drei Ideen hängen miteinander zusammen, eine ist ohne die andere nicht denkbar. Das Herz des Sozialismus ist die Freiheit. Ohne Demokratie, Rechtsstaat und gesellschaftlichen Pluralismus kann es prinzipiell keinen demokratischen Sozialismus geben. Ich will, wir sollten dieses Ziel nicht aufgeben.
Ich bin davon überzeugt, wer den Kapitalismus beseitigen will, muss nicht zwangsläufig in der bürokratischen Staatswirtschaft landen. Ja - der so genannte reale Sozialismus ist bankrott - wirtschaftlich, politisch, moralisch.
Aber ich habe immer gesagt, wenn neben uns jemand tot umfällt, ist das doch nicht der Beweis dafür, dass wir selber gesund sind.
Denn was wir jetzt erleben mit unserer kapitalistischen Wirtschafts und Finanzordnung, ist der Zusammenbruch, ja – das Verenden der heiligen Kühe, die Kernschmelze des goldenen Kalbes. Was jetzt geschieht, ist wie ein erneuter Fall der Berliner Mauer - die Menschen schauen sich diese Ideologie an und merken, dass sie nicht funktioniert hat und es wird immer deutlicher, dass es keinen unregulierten Kapitalismus geben darf.
Keiner von uns weiß was der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise am Ende herauskommt, aber eines ist gewiss, die Apologeten des Neoliberalismus, die nicht nur bei FDP und CDU zu finden sind, sondern auch manchmal bei uns, sind dabei ihren Offenbarungseid abzulegen.
Nun zum Schluss noch ein Wort zum Thema Doppelmoral unserer sächsischen Märchenerzähler, der christdemokratischen Einheitspartei Sachsens.
Die Unterstellung, dass ich 17 Millionen Ostdeutsche beleidige, weil ich einige CDU-Funktionäre wegen ihres scheinheiligen Umgangs mit ihrer Biographie kritisiere, ist infam.
Im Gegenteil: Da versucht eine kleine Clique, für die eigenen Karrieren 17 Millionen frühere DDR-Bürger in Haftung zu nehmen.
Es klingt vielleicht überraschend, aber ich kritisiere ein durchaus gesamtdeutsches Phänomen, nämlich Karriere zu machen, auf Teufel komm raus. Und mit schwankenden politischen Gestalten kann man nicht nur im Osten schlechte Erfahrungen machen.
Mit Amnestie und Vergebungsvorschlägen erst dann zu kommen, wenn sie einem selbst oder guten politischen Freunden von Nutzen sein können, ist all zu durchsichtig.
Im übrigen: Vergebung setzt Offenheit und Aufrichtigkeit voraus – davon kann bei denen in der CDU, die ich kritisiere, keine Rede sein.
Genossinen und Genossen, Michael Kretschmer, der zum Zeitpunkt der Wende noch mit einer Pioniertrommeln um den Tannenbaum gelaufen ist, will mir vorhalten, ich hätte nicht in der DDR gelebt. Das ist abstrus.
Die Frage, ob es klug sei, dass der Wessi Nolle jetzt die Vergangenheit der Ost-CDU aufarbeitet, hat Wolfgang Tiefensee heute in einem Interview mit der sächsischen Zeitung deutlich beantwortet.
Er sagt: "Die CDU hat es versäumt, sich ihrer DDR-Vergangenheit zu stellen. Stattdessen hat sie immer wieder versucht, die SPD mit Häme an den Pranger zu stellen: "Ihr spielt mit den dunkelroten Schmuddelkindern." Das ist höchst unseriös. Politiker, die in der DDR gemeinsame Sache mit der SED gemacht haben, sollten an dieser Stelle lieber die Klappe halten."
Dem ist nichts hinzuzufügen, Wolfgang, kürzer und klarer kann man das kaum ausdrücken.
Liebe Genossinnen und Genossen, laßt uns unsere Zentralrechner vom "Stand-by-Modus" auf "Angriffsmodus" schalten, so wie ich es schon getan habe, dann werden wir ordentlich abschneiden bei der Landtagswahl am 30.8.09 und unsere Ziel erreichen.