Karl Nolle, MdL

Freie Presse, 09.03.2009

Rückenwind für die Zugpferde

Sachsens SPD gibt den Spitzenkandidaten Jurk und Tiefensee Vertrauensvorschuss — Langer Forderungskatalog
 
Oschatz. Die sächsische SPD geht mit Wirtschaftsminister Thomas Jurk und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee als Spitzenkandidaten in die Wahlen zum Landtag am 3o. August und zum Bundestag am 27. September. Die Landeswahl konferenz in Oschatz bestätigte die beiden Zugpferde mit überzeugenden 89,9 beziehungsweise 92,4 Prozent der Delegiertenstimmen.

Die Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten habe dem Land gut getan, wartete Jurk mit einer umfangreichen Leistungsbeschreibung auf. Statt jahrzehntelanger Fixierung auf Leuchttürme setze Sachsen dank seiner Wirtschaftspo-
litik auch auf Mittelstandsförderung und habe die Weichen für mehr Ökologie und Energieeffizienz gestellt. Auch den Verzicht auf neue Schulden schrieb Jurk der SPD zu. Allerdings dürfe ein Schulden-verbot die „Handlungsspielräume nicht einengen".

Als „Rückenwind für eine erfolgreiche Landtagswahl" wertete Jurk sein Wahlergebnis. Zwischen 15 und 20 Prozent erwartet die SPD, nachdem sie 2004 auf 9,8 Prozent abgestürzt war. Mit 94,9 Prozent verzeichnete Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange als Listenzweite das beste Ergebnis. Mit ihren Plädoyers für größere Gerechtigkeit im Schulsystem traf sie offenbar den richtigen Ton. „Bildung ist keine Ware, sondern ein Menschenrecht", sagte Stange und verlangte ein Ende des „anachronistischen Bildungssystems des 19. Jahrhunderts".

Ohne Veränderungen segneten die Delegierten in einem umfangreichen Präsentations- und Wahlverfahren die Listenvorschläge der Parteiführung für die Landtagswahl ab. Hinter Jurk und Stange nehmen Fraktionschef Martin Dulig, Ex Landrätin Petra Köpping, Generalsekretär Dirk Panter und die Chemnitzer Jungpolitikerin Hanka Kniese weitere Plätze ein. Juso-Landeschef Holger Mann (Leipzig) landete auf einem sicheren Rang 10.

Als Trost dafür, mit dem mittelmäßigen 14. Listenplatz abgefunden worden zu sein, erhielt der Dresdner Karl Nolle mit 86,1 Prozent ein beachtliches Ergebnis. Nolle will sein Werk über CDU-Blockflöten im April herausgeben. In sei ner Bewerbungsrede sprach er Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) an. Er kritisiere nicht Tillichs DDR-Biografie, sondern dessen „verschleiernden Umgang" damit. Stärker als Nolle müssen Enrico Bräunig (Vogtland) auf Platz 16 und Margit Weihnerz (Leipzig) auf Platz 17 um ein passables Wahlergebnis und ihren Wiedereinzug in den Landtag bangen.

Gute Aussichten, im Herbst Berliner Bundestagsluft zu schnup pern, hat die Freibergerin Simone Raatz. Mit 92,2 Prozent bestätigte die Partei die bisherige Landtagsabgeordnete auf Platz 6. Auch der Zwickauer Andreas Weigel (Platz 7) und Simone Violka aus Penig (Platz 8) setzten sich durch. Nur eine Formsache war ebenso die Wahl für den Plauener Rolf Schwanitz als Lis tendritten.
Einen umfangreichen Forderungskatalog verabschiedete der Parteitag als „Regierungsprogramm". Dazu zählt der gesetzliche Anspruch auf eine Woche bezahlten Bildungsurlaub, die Einführung eines Verbraucherministeriums, die Absenkung des Kita-Schlüssels' auf einen Erzieher pro sieben Kinder, kostenlose Lernmittel und Schülerbeförderung sowie Kostenfreiheit nicht nur im ersten Vorschuljahr, sondern auch im ersten und zweiten Kindergartenjahr.

„Die Realisierung dieser Wunschliste würde den Steuerzahler mehrere hundert Millionen Euro kosten", sprach Michael Kretschmer, Generalsekretär des Koalitionspartners CDU, von „einem Rückfall in die Zeit sozialistischer Wolkenkuckucksheime".
VON HUBERT KEMPER Karl Nolle, Rede auf dem Parteitag: "Die Ost-CDU soll die Klappe halten..."