Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 28.04.2009

Nolle wehrt sich gegen „politische Kampagne“

 
Vom Jäger zum Gejagten: Der Dresdner SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle steht wegen Betrugsvorwürfen unter Beschuss. Er weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer „politischen Kampagne“ gegen seine Person.

Auch in eigener Sache gibt sich Karl Nolle dieser Tage wie gewohnt kämpferisch. Der SPD-Landtagsabgeordnete wies gestern die Vorwürfe gegen sich entschieden zurück: „Juristisch ist das alles an den Haaren herbeigezogen, da ist nichts dran.“ Eingerahmt von zwei Rechtsanwälten empfing Nolle am Mittag kurzfristig in der Cafeteria seiner Druckerei in Dresden-Striesen rund ein Dutzend Journalisten und ging in die Offensive.

Seit Donnerstag vergangener Woche füllt Nolle wegen eines Anfangsverdachts des Subventionsbetrugs die Schlagzeilen. Durch eine gezielte Indiskretion, so viel steht inzwischen fest, war ein Hinweis der Freitaler Steuerfahndung an die Dresdner Staatsanwaltschaft und von dort an den Landtag bekannt geworden. Der hat mittlerweile die Immunität Nolles als Abgeordneter aufgehoben. Damit ist der Weg frei für ein Ermittlungsverfahren.

Gestern nun erhob Nolle schwere Vorwürfe gegen Justiz, Staatsregierung und Landtag. Politische Einschüchterung und wirtschaftliche Schädigung – das seien die Ziele der „politischen Aktion“ gegen ihn, vermutet Nolle. Überraschend wurde Nolle sogar sehr konkret bei seinen Anschuldigungen: Justizminister Geert Mackenroth (CDU), Staatssekretärin Gabriele Hauser sowie die Staatskanzlei seien doch „Hauptinteressenten“ einer solchen Indiskretion und „Kampagne“. Das Ganze passe „in die Systematik des sächsischen Sumpfes“.

Eine Million Euro umstritten

Detailliert legte Nolle selbst offen, worum es bei den Vorwürfen genau geht – er veröffentlichte einfach das sechsseitig Schreiben der Staatsanwaltschaft mit sämtlichen Vorwürfen. Demnach soll Nolle 2005 bis 2007 in mehreren Fällen zu viel Investitionszulage beantragt und dabei falsche Angaben in Förderanträgen gemacht haben. 2005 ging es um eine Druckmaschine, für die Nolle eine Förderung von fast einer Million Euro erhielt. 2006 und 2007 ging es um rund 40000 Euro angeblich zu viel beantragter Investitionszulage. Er habe niemals Fördergelder zu Unrecht erhalten, sagte Nolle gestern. In einem Fall gehe es nur um drei Bürostühle. Einen Rückforderungsbescheid habe er nie erhalten. Vor Aufklärung habe er keine Angst, im Gegenteil: Er hoffe, dass die Staatsanwaltschaft nun die Ermittlungen „schnell und pannenfrei“ zu Ende führe.

Eigene juristische Schritte behält sich der streitbare SPD-Mann vor. Bisher sei ihm aber kein materieller Schaden entstanden. Seine Banken habe er beruhigen können. Allerdings habe er große Mühe gehabt, seinen 70 Druckerei-Mitarbeitern die Angst um ihren Arbeitsplatz zu nehmen. Die Staatsanwaltschaft Dresden wies unterdessen erneut Indiskretionsvorwürfe zurück. Vielmehr legte Oberstaatsanwalt Christian Avenarius die Fährte in den Landtag. „Das Problem ist, dass der Landtag so eine Tratschbude ist, in der geheimhaltungsbedürftige Dinge einfach nicht geheimgehalten werden.“

Staatskanzlei und Justizministerium lehnten eine Stellungnahme ab. Stattdessen wies CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer Nolles Vorwürfe scharf zurück: „Was Nolle da ablässt, ist absurd.“

SPD stellt sich hinter Nolle

Sachsens SPD-Generalsekretär Dirk Panter stellte sich hinter den Genossen Nolle. Schweigend nahm er an dessen Pressekonferenz teil. „Wir glauben, dass an den ganzen Vorwürfen gegen Karl Nolle nichts dran ist. Karl ist über jeden Zweifel erhaben“, sagte Panter später auf Nachfrage. Vorsichtiger äußerte sich der SPD-General dagegen zu den Attacken Nolles, es handele sich um eine „Kampagne“. „An Spekulationen werde ich mich nicht beteiligen“, sagte Panter.

An Nolles Buchplänen wird das politisch-juristische Hick-Hack aber nichts ändern. Seine Aufarbeitung der Biografien von CDU-Spitzenpolitikern (Arbeitstitel: „Sonate von Blockflöten und Schalmeien“) wird kaum mehr vor Ende Mai erscheinen. Aber es dürfte jetzt noch einmal ein wenig nachgeschärft werden. „Ich war schon immer ein inniger Freund der CDU, jetzt bin ich ein noch herzlicherer“, so Nolle.
Von Annette Binninger