Karl Nolle, MdL

Freie Presse, 28.04.2009

"Angriff auf meine wirtschaftliche Existenz"

SPD-Politiker und Druck-Unternehmer Karl Nolle wehrt sich gegen Betrugsverdacht — "Meine Beziehung zur CDU ist nun noch leidenschaftlicher"
 
Dresden. Gegen den SPD-Landtagsabgeordneten und Druckereibesitzer Karl Nolle bereitet die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs vor. In einem Gespräch mit Hubert Kemper äußerte sich Nolle zu den Vorwürfen und wies sie zurück.

Freie Presse: Wenn jemand so routiniert im Austeilen ist, müsste er doch eigentlich damit rechnen, auch einmal einstecken zu müssen, oder?

Karl Nolle: Das ist hier keine Spaßveranstaltung, auch keine normale politische Auseinandersetzung, sondern ein beabsichtigter Angriff auf meine wirtschaftliche Existenz und die von rund 7o Mitarbeitern.

Freie Presse: Ist die bedroht, weil gegen Sie ein Ermittlungsverfahren läuft, das Sie für unberechtigt halten?

Nolle: Die wirtschaftliche Lage der Druckindustrie ist stark betroffen von der Wirtschafts- und Finanzkrise, das geht auch an uns nicht vorbei. Die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe habe ich schon vor längerem auch in dieser Zeitung angeprangert. Solcherart Vorwürfe, auch wenn sie noch so an den Haaren herbeigezogen sind, schaden nicht nur sondern zielen auf bewusste Existenzvernichtung.

Freie Presse: Wie ernst nehmen Sie den Vorwurf, Subventionsbetrug begangen zu haben?

Nolle: Das ist ein schwer wiegender Vorwurf, aber Humbug. Sollte er bei mir zutreffen, dann hätte sich die Mehrzahl der sächsischen Unternehmer strafbar gemacht.

Freie Presse: Die Staatsanwaltschaft wirft Ihnen vor, bei der Anschaffung einer 2,8 Millionen Euro teuren Offsetdruckmaschine, fiir die Sie eine Investitionszulage über 955.00o Euro erhielten, den Zeitpunkt der Inbetriebnahme nicht angegeben zu haben.

Nolle: Ich habe die Anschaffung für das Jahr 2005 ordnungsgemäß angegeben. Der Antrag wurde ohne Rückfragen geprüft und beschieden. Aus meinem ordnungsgemäßen Verhalten jedenfalls ist eine Vorspiegelung falscher Tatsachen in keinem Fall erkennbar. Die Druckmaschine wurde vor Bau-Endabnahme der Halle angeliefert und montiert. Die Montage erst aus dem Termin der Bau-Endabnahme abzuleiten ist absolut sachfremd und mit mir nie erörtert worden.

Freie Presse: Strafbar sei, so schreibt die Staatsanwaltschaft, nicht nur vorsätzliches, sondern auch leichtfertiges Handeln. Haben Sie leichtfertig Staatsgelder beantragt und kassiert?

Nolle: Hierzu zitiere ich meinen Anwalt Peter Hollstein: „Eine Strafbarkeit setzt ohne Rücksicht auf leichtfertiges oder vorsätzliches Handeln einen Tatbestand voraus, der verwirklicht sein muss. Die hier geäußerte Fragestellung der Staatsanwaltschaft wäre erst berechtigt, wenn es greifbare Anzeichen für falsche Vorspiegelungen oder Verschleierungen gäbe. An dieser Frage wird aber bereits jeder Ansatz einer Strafbarkeit scheitern."

Freie Presse: Wie hoch taxieren Sie die Summe, die Sie zu Unrecht kassiert haben können?

Nolle: Mit null Komma null Euro.

Freie Presse: Was vermuten Sie hinter den Ermittlungen?

Nolle: Eine politische Intrige, denn diese unverantwortliche Story geistert seit Wochen durch Sachsen. Die zeitlichen Zusammenhänge liegen auf der Hand: Zum einen die Nähe zu den Wahlen, zum anderen die angekündigte Veröffentlichung meines Buches über führende Blockflöten in der CDU.

Freie Presse: Trifft jemand, der schon so viele politischen Gegner in Misskredit gebracht hat, ein Ermittlungsverfahren wirklich überraschend?

Nolle: Bisher hat es keiner gewagt gegen mich zu klagen. Wie denn auch? Natürlich weiß ich, dass ich wegen meiner Unerschrockenheit und Beharrlichkeit und den Ergebnissen meiner politischen Arbeit unter besonderer Beobachtung stehe.
Schließlich mussten schon zwei Ministerpräsidenten und andere feine Herrschaften ihren Hut nehmen. Unkorrektheiten liegen mir nicht, warum soll ich diese Eigenschaft unter Beobachtung ablegen? Das Verfahren gegen mich ist auch rechtsstaatlich gesehen unterirdisch.

Freie Presse: Warum?

Nolle: Weil meine Persönlichkeitsrechte als Abgeordneter massiv verletzt worden sind. Die Exekutive des Freistaates hat sich mit Rechtsbruch daran beteiligt, Informationen an die Öffentlichkeit weiterzugeben, die offensichtlich dazu dienten, mir politisch zu schaden oder mich gar existenziell zu vernichten. Der Landtagspräsident hätte der Aufnahme der Ermittlungen widersprechen müssen.

Freie Presse: Warum reagieren Sie so aufgebracht, wenn Sie fest davon ausgehen, dass die Ermittlungen ins Leere gehen?

Nolle: Ich bin nicht im Mindesten aufgebracht. Aber ein wenig Rechtsstaatlichkeit sollte auch unter Justizminister Geert Mackenroth noch sein. Die Mentalität ist vordemokratisch und die Abläufe typisch. Der Rechtsstaat steht auf dünnen Beinen und der Sumpf lässt grüßen.

Freie Presse: Ist die Staatsanwaltschaft nicht blamiert und Sie rehabilitiert, wenn sich kurz vor der Wahl alles als heiße Luft erweisen sollte?

Nolle: Wenn sie nicht aus der Rolle eines Büttels, die Teile der Justiz einnehmen, herauskommen, ja. Wie lange sich die Ermittlungen hinauszögern, werden wir sehen. Meinen Elan wird das jedenfalls nicht hemmen. Seien Sie sicher: Meine innige Beziehung zu CDU ist nun noch leidenschaftlicher geworden.