Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 30.04.2009

Klodeckelaffäre: „Ethische Komponente“

Klodeckel-Fahndung für Haus des Justizministers sorgt weiter für Wirbel / Beamtenbund hat Fragen
 
Dresden (DNN). Geert Mackenroth kann auf einen lange Liste juristischer Erfahrungen verweisen. Er war Staatsanwalt, Richter und nicht zuletzt Präsident am Landgericht Itzehoe. 2003 wurde er in Sachsen Justiz-Staatssekretär, 2004 Staatsminister für Justiz. Trotzdem konnte der 59-jährige einen seltsamen Rechtsstreit um die Vermietung seines früheren Hauses in Norddeutschland nicht verhindern. Inzwischen muss sich der CDU-Politiker zum Umgang mit dienstlichen und privaten Angelegenheiten erklären. Beim Deutschen Beamtenbund wirft der Fall Fragen auf. Zu den skurrilen Details gehört die amtliche Fahndung nach einem angeblich verschwundenen Klo-Deckel.

Geert Mackenroth und seine Ehefrau Sibylle, das Paar hat vier Kinder, besaßen ein Haus in Itzehoe – zehn Zimmer, mehr als 2000 Quadratmeter Garten. Nach dem Wechsel in den vermietete Sibylle Mackenroth das Haus im August 2006 an Andreas K. und dessen Partnerin. Doch schon im Januar 2008 endete das Mietverhältnis im Streit. Drei Klagen gegen die Ex-Mieter strengte Frau Mackenroth inzwischen an. Es geht um Miet- und Nebenkostenrückstände, Schäden im Haus und im Garten. Insgesamt hat Frau Mackenroth einen Schaden von bis zu 20000 Euro errechnet. Für den angeblich verwilderten Rasen setzt sie eine Pauschale an. Dabei wurde das Haus im Januar zurückgegeben, zwei Monate später verkauft, und wiederum Monate später erst die vermeintlichen Schäden begutachtet. Da war schon eine Menge Gras über den Auszug gewachsen.

Übergabeprotokolle existieren jedoch nicht. Und so hat das Amtsgericht Itzehoe die entsprechende Klage in einem Hinweisbeschluss in einigen Punkten schon als „unsubstantiiert“ bezeichnet.

Doch damit nicht genug. Aus dem Haus sollen Gegenstände verschwunden sein und das von Frau Mackenroth als Sicherheit angenommene Sparbuch erwies sich offenbar als nicht verwertbar. Geprüft hatten das die Mackenroths seinerzeit nicht weiter. Jetzt erstattete die Minister-Gattin Strafanzeige, ihr Mann leistete Formulierungshilfe. Ohnehin schaltet er sich immer wieder in den Rechtsstreit ein, ausgerechnet von seinem Dienst-Computer aus. Elektronische Post aus seinem Büro heraus unterschrieb der Justizminister auch schon mal mit dem Namen seiner Frau.

Im Raum Itzehoe fiel die Strafanzeige auf fruchtbaren Boden. Bei Andreas K. gab es eine Razzia. Die Beamten suchten laut Durchsuchungsbeschluss unter anderem nach Gardinen („grün-weiß gestreift“) und einem WC-Deckel („silber-metallic“). Gefunden wurde nichts.

In der „Süddeutschen Zeitung“ und dem MDR-Magazin „Umschau“ bestritt Andreas K., der sich durch den ministerialen E-Mail-Absender eingeschüchtert sieht, die Vorwürfe. „Da ist nichts dran“, sagte gestern auch sein Anwalt Ortwin Krause. Es sei mit Kanonen auf Spatzen geschossen worden, die Aktion „völlig unverhältnismäßig“.

Nach dem medialen Echo ist Mackenroth in Erklärungsnot geraten. „Wir wollten uns das nicht bieten lassen“, begründet er das Vorgehen gegen die Mieter. Mit der Hausdurchsuchung in seinem früheren Tätigkeitsbereich habe er nichts zu tun. Seinen Dienst-PC dürfe er auch privat nutzen, weil ein ministeriumsinternes Verbot für ihn nicht gelte und er häufig tagelang unterwegs sei.

Beim Deutschen Beamtenbund dbb stößt die Argumentation auf Bedenken. Die Angelegenheit habe eine „ethische Komponente“, erklärte dbb-Sprecher Frank Zitka gegenüber DNN. Er frage sich, ob der Minister in seinem Ressort nicht „als gutes Beispiel vorangehen sollte“ und ob er anderen Reisekadern „die gleiche Rechte einräumt, die er für sich beansprucht“.

„Gleiches Recht für alle“ forderte gestern auch der rechtspolitische Sprecher der Linken im Landtag, Klaus Bartl, ein. Schon bei der Versetzung von Frau Mackenroth nach Sachsen (die Pädagogin behielt ihren Beamtenstatus) hätten Lehrerverbände eine „Extrawurst“ vermutet. Bartl, der die Sache mit Kleinen Anfragen im Landtag thematisieren will, forderte Mackenroth zu „Konsequenzen“ auf, wenn der Minister die Staatsregierung nicht mit weiteren Storys a la „Klo-Brillen-Affäre“ zum Gespött der Republik machen wolle.
VON INGOLF PLEIL