Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 18:21 Uhr, 05.05.2009

Schlüsselfigur der «Sachsensumpf»-Affäre erneut im Zeugenstand

Polizisten sehen keine Beweise für Juristen als «Jasmin»-Freier
 
Dresden (ddp-lsc). Gegen den Vorwurf, mit seinen Aussagen die sogenannte Sachsensumpf-Affäre verursacht zu haben, setzt sich ein Kriminalhauptkommissar aus Leipzig weiter zur Wehr. Der Verfassungsschutz habe ihm nie zu verstehen gegeben, dass er als «Haupthinweisgeber» geführt worden sei, sagte der 53-Jährige am Dienstag im Landtagsuntersuchungsausschuss. Wie ein unmittelbar vor ihm befragter Kriminalkommissar sah er zudem keine Beweise dafür, dass hochrangige Juristen als Freier in dem 1993 geräumten Leipziger Kinderbordell «Jasmin» verkehrt hätten.

Der Kriminalhauptkommissar ist laut Verfassungsschutzpräsident Reinhard Boos eine Hauptquelle für ein Dossier des sächsischen Nachrichtendienstes, dessen Bekanntwerden vor zwei Jahren die Affäre ausgelöst hatte. Die Vorwürfe reichten angeblich von Amtsmissbrauch bis Bandenkriminalität und Kinderprostitution.

Die Vorgänge im «Jasmin» wurden auch nach Angaben des ersten Ausschusszeugen vom Dienstag nur unzureichend aufgearbeitet. Als er sich dienstlich 1999 und 2000 mit dem Fall befasst habe, seien ihm «erhebliche Defizite» aufgefallen, sagte der 48-jährige Polizist. So habe er sich etwa darüber gewundert, warum niemand bei den Ermittlungen nach der Räumung 1993 die im Bordell arbeitenden und zum Teil minderjährigen Mädchen nach ihren Freiern gefragt habe.

Der damals zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilte Ex-Zuhälter habe ihm gegenüber ausgesagt, dass sein Strafmaß nur wegen eines Deals seiner Anwältin mit dem damaligen Richter so gering ausgefallen sei. Dieser habe vorgesehen, dass er keine Angaben zu Freiern mache. Indes habe er bei seinen Ermittlungen keine konkreten Anhaltspunkte dafür gefunden, dass hochrangige Juristen im «Jasmin» verkehrt hätten, sagte der Polizist in seiner fünfeinhalbstündigen Vernehmung. Der Beamte hatte im Jahr 2000 auch eine heute 32-jährige Leipzigerin vernommen, die vor einer Woche im Zeugenstand angegeben hatte, dass in den Fall des Kinderbordells «auch Staatsanwälte und Richter verwickelt» gewesen seien. Diese Angaben seien für ihn «nicht nachvollziehbar».

Anerkennend äußerte sich der Polizist über die Arbeit seines einstigen Vorgesetzten bei dem mit organisierter Kriminalität befassten Kommissariat der Leipziger Kriminalpolizei, dem später als zweiten Zeugen gehörten Beamten. Dieser sei «einer der besten Polizisten im Freistaat Sachsen» und habe immer «sehr gewissenhaft gearbeitet».

Der damit gemeinte 53-Jährige ist seit Monaten vom Dienst entbunden. Im Zeugenstand bekräftigte er seine Darstellung, dass er nicht Haupthinweisgeber des Verfassungsschutzes gewesen sei. Allein in dem OK-Kommissariat habe es «mehrere Beamte» mit Kontakten zum Landesamt gegeben. Dies gehe aus dem Auskunftsbuch des OK-Kommissariats hervor. Er selbst habe sich erst im Mai 2006 zwei Mal mit Vertretern des Verfassungsschutzes getroffen und von sich aus auch nicht um Quellenschutz gebeten.

Die Ermittlungen gegen die in der Datensammlung des Verfassungsschutzes angeblich verdächtigten Juristen waren von der Staatsanwaltschaft Dresden vor einem Jahr eingestellt worden. Sie leitete zugleich Verfahren gegen die Ex-Zwangsprostitutierte wegen Verleumdung und gegen den Kriminalhauptkommissar wegen Verfolgung Unschuldiger ein. Ihm droht zudem ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss, vor dem er bereits im Dezember 2008 ausgesagt hatte.
Von Tino Moritz

ddp/tmo/muc
051821 Mai 09