Karl Nolle, MdL

DIE WELT - Agenturmedung, 18.06.2009

Stanislaw Tillich führte noch im Dezember 1989 eine Enteignung herbei

 
Berlin – Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat noch vier Wochen nach dem Mauerfall an der Enteignung eines Einfamilienhauses im ostsächsischen Kamenz mitgewirkt. Das belegen Aktenfunde und Grundbuchauszüge, berichtet die überregionale Tageszeitung DIE WELT (Freitagausgabe). Tillich, der im März 1987 aus Karrieregründen Mitglied der DDR-CDU wurde, gehörte zum Zeitpunkt der Enteignung als Stellvertretender Vorsitzender dem Rat des Kreises Kamenz an, in dessen Kompetenz die Konfiszierung fiel.

Die westdeutsche Familie, der die Immobilie gehörte, kritisierte die späte Enteignung. Frank Ziolko, dessen Schwiegervater seit 1938 Eigentümer war, sagte der WELT; „Die Gründe für die Enteignung sind erst nachträglich geschaffen worden“. Als der Schritt schon beschlossene Sache gewesen sei, habe man eine Aufbauhypothek von 8800 DDR-Mark ins Grundbuch eingetragen: „Das war eine beliebte Methode, um Gebäude und Grundstücke ins Volkseigentum zu überführen.“ Das Einfamilienhaus wurde bereits 1992 auf die Alteigentümer rückübertragen, was Ziolko in der „Welt“ als „Einsicht in das Unrecht des Handelns“ bezeichnete.

Wie die Zeitung weiter berichtet, war Tillich in mindestens in einem weiteren Fall an einer Enteignung beteiligt, die in der DDR „Entzug des Eigentumsrechts“ genannt wurde. Wegen seiner Rolle als DDR-Staatsfunktionär steht Tillich seit gut einem halben Jahr in der Kritik. Die Sächsische Staatskanzlei sah sich nach Darstellung der Zeitung außerstande, Fragen zu den Umständen der beiden Enteignungen in der gesetzten Frist zu beantworten.

– Sendesperrfrist Freitag, 19. Juni, 5.00 Uhr –