Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 24.06.2009

Der dritte Aufguss

Kommentar von Peter Rzepus
 
Wir kennen dieses Rezept schon aus den Affären Biedenkopf und Milbradt. Und wir wissen: Es hat in beiden Fällen nichts getaugt.

Dennach kommt jetzt der dritte Aufguss, tapfer vorgetragen vom obersten Schwalleur: Der Regierungssprecher wird nicht müde zu behaupten, dass alles, was da täglich neu aus dem Vorleben unseres Landesvaters übel aufwallt, gar nicht da sei. Dementis bis zur Demenz!

Und auch dies kennen wir bereits: die Staatskanzlei als Nebelwerfer. Ihr fahren allerdings die eigenen Schwaden mittlerweile so in die Bronchien, dass außer rasselndem Keuchen kein vernünftiger Ton mehr zu vernehmen ist. Selbst eine an klarer Schlichtheit nicht zu übertreffende Frage wie "Gilt für das Archiv in Kamenz das sächsische Archivgesetz oder das Stasiunterlagengesetz?", lässt die Kanzlei kollabieren.

Wie soll sie dann die viel problematischeren Fragen nach den dunklen Flecken auf Tillichs Weste beantworten? Wer offenbar nicht einmal das geltende Recht im Fall Kamenz kennt, kann sich kaum an den Fall Tillich und die von ihm mitgetragene Enteignung im Dezember 1989 wagen. „Auch damals galt selbstverständlich noch DDR-Recht", tönte zwar CDU-Fraktions-Chef Steffen Flath reflexartig. „Die Enteignung war selbst nach DDR-Recht illegal", schallte ihm und der CDU jetzt entgegen. Dilemma ohne Ende.

Der eben noch strahlende Landesvater enttarnt als Mitläufer und Grundstücksenteigner war schon schlimm. Tillich jetzt als Helfershelfer bei einem Willkürakt - sogar unter den damaligen Umständen, die er gern zu seiner Entlastung anführt - wäre der Super-GAU.

Das erklärt plötzlich, warum der Ministerpräsident - wieder einmal - schweigt, warum sein Schwalleur wortreich das Nichts beschwört, warum die Staatskanzlei nur Nebel produziert- und warum offenbar eine, nein die, brisante Akte verschwunden ist.

Sachsen hat wegen seiner Ministerpräsidenten schon genug Affären durchlitten. Der dritte Aufguss sollte uns erspart bleiben. Aber so viel Einsicht ist vom handelnden Personal wohl nicht zu erwarten.