Karl Nolle, MdL
www.sachsen-zeit.de, 24.06.2009
Perfide Taktik oder plumpe Anbiederung?
von Von Gregor Tschung
Ausgerechnet Sachsens SPD-Chef Thomas Jurk stellt sich mit seiner Regierungserklärung vor den angeschlagenen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU). Was ihn zu diesem Schritt bewogen haben mag ist schleierhaft.
Zwei mögliche Erklärungen kommen bei näherer Betrachtung in Frage. Zum einen könnte es sich bei Jurks Äußerungen um eine besonders perfide Taktik handeln, um den Regierungschef zu zermürben. Motto: Ich halte zu dir Stanislaw, egal was du angestellt hast. Dafür darf ich mich in deinem Glanz sonnen und bekomme ein paar Wählerstimmen von dir. Schließlich distanziere ich mich aufs Äußerste von meinem Parteifreund Nolle.
Besonders wahrscheinlich scheint diese Annahme freilich nicht, da Jurk sich bereits vor der Veröffentlichung von Nolles Buch über die Doppelmoral bei der CDU, not amused gezeigt hatte.
Bleibt also nur noch die Plumpe Anbiederung an den vermeintlich Mächtigeren. Immerhin ist Jurk bis heute kaum damit aufgefallen sich gegenüber dem Koalitionspartner zu profilieren. Angesichts der Unbedarftheit fragt man sich, ob Jurk das Nolle-Buch überhaupt gelesen hat. Falls nicht, was angesichts der seiner Äußerungen im Landtag kaum vorstellbar ist, sollte er das schleunigst nachholen. Falls ja, hat er es offenbar nicht begriffen bzw. ist auf die dümmlichen Aussagen von Flath und Co. hereingefallen.
Besonders Letzteres führt zu der Frage, ob ein Parteichef, der derart naiv mit dem politischen Gegner umgeht, überhaupt geeignet ist, seine Partei als Spitzenkandidat in die nächste Landtagswahl zu führen. Die sächsischen Sozialdemokraten brauchen gewiss keinen wie Nolle zu fürchten, auch wenn er oftmals unbequem und unberechenbar scheint. Mit einem Mann wie Jurk an der Spitze ist allerdings zu befürchten, dass das bislang historisch schlechte Ergebnis bei der letzten Landtagswahl noch einmal unterboten wird. Dabei bräuchte der Freistaat gerade jetzt eine starke Sozialdemokratie.