Karl Nolle, MdL
Rede im Plenum des Sächsischen Landtages, 26.06.2009
Eine Sächsische Spezialität - das Ermittlungsverfahren als Strafe
TOP „Unterrichtung durch den 2. Untersuchungsausschuss der 4. Wahlperiode“
Rede von Karl Nolle, MdL
im Sächsischen Landtag am 26. Juni 2009
+++ Es gilt das gesprochene Wort!+++
Anrede
Unsere Position als Sozialdemokraten zu dem Thema, war immer - ohne Ansehen von Ämtern, Personen und Parteizugehörigkeiten - lückenlos parlamentarisch aufzuklären.
Die verfassungswidrige Blockade der CDU hat aus Leipzig gleich zweimal die Quittung bekommen. Die herrschenden CDU Eliten unseres Landes stehen nicht zum ersten Mal mit der Verfassung auf Kriegsfuß.
Nach wie vor ist die Mehrheit der im Raume stehenden Vorwürfe gar nicht oder nicht abschließend untersucht worden. Das Thema bleibt und muss weiter aufgeklärt werden.
Was wurde nicht alles versucht, um zu vernebeln und zu verwirren, dabei haben die christdemokratischen Märchenerfinder die Gebrüder Grimm weit hinter sich gelassen.
So wurde die Idee von den streng geheimen 15.000 Seiten Märchen geboren - von durchgeknallter Referatsleiterin und rachsüchtigem Kripomann. Entweder waren es beide gemeinsam oder eben die Referatsleiterin alleine, lautete der interne Marschbefehl. Nachzulesen in CDU-internen Leitpapieren zum Ausschuss.
Diese Diffamierungsstrategie, ist gründlich daneben gegangen. Nach der Befragung von fast zwei Dutzend Zeugen zeigt sich ein viel differenziertes Bild.
Selbst die unterirdische Rede von Minister Buttolo entstammt in Wirklichkeit der Feder eines irregeleiteten Beamten des SMI, der heute –zur Belohnung und wohl um seinen Mund zu halten – stellvertretender sächsischer Polizeipräsident ist.
Aber was ist denn eigentlich der wahre Sachsensumpf? Sind es die Ereignisse in Leipzig oder ist es der sachsenspezifische Umgang mit diesen Vorgängen?
Es fällt ins Auge, dass sich bisher kein unabhängiges Gericht mit dem Sachsensumpf beschäftigt hat, allenfalls sind die in Sachsen besonders weisungsgebunden Staatsanwaltschaften und unter diesen vor allem die, örtlich gar nicht zuständige, Staatsanwaltschaft Dresden, tätig geworden.
Bei diesen Herren geht es eigentlich nur um den Schutz des Staates vor der üblen Nachrede des Sumpfes. Das heißt bei ihnen: Schutz vor den Ermittlern, Zeugen, Journalisten, Abgeordneten und allen anderen, die es für möglich halten, dass in Leipzig etwas Ungesetzliches passiert sein könnte.
Das scheint mir der eigentliche Sumpf zu sein, und dessen Urheber müssen wir fassen, um den Sumpf wirklich trocken zu legen. Wir sollten uns dann nicht wundern, wenn unter diesem Sumpfpflegern sogar Staatsanwälte zu finden sind, die sich bei Polizisten Strafanträge zu besorgen versuchen, um Journalisten verfolgen zu können. Herr Oberstaatsanwalt Schwürzer von der Staatsanwaltschaft Dresden ist ein großer Spezialist in diesem Metier. Er versteht auch etwas von rechtswidriger Telefonüberwachung und der Verfolgung Unschuldiger und findet hierfür den Schutz seiner Vorgesetzten bis hinein ins Justizministerium.
Wen wundert es, hat doch „Generalstaatsanwalt Ministerpräsident Milbradt“ bereits nach Studium des Aktenmaterials festgestellt, dass alles nur heiße Luft ist.
Doch da sind wir schon beim Problem. Warum lässt man die Justiz nicht endlich die Arbeit machen, für die sie geschaffen ist? Diese und andere Fragen werden uns über die Wahl hinaus in die nächste Legislaturperiode begleiten. Sie werden selbstverständlich Gegenstand der Wahlauseinandersetzung sein.
Nicht nur im Zusammenhang mit dem sogenannten Sachsensumpf fällt eine Verrohung des Umgangs der Staatsanwaltschaft mit dem Institut des Ermittlungsverfahrens auf.
Ermittlungsverfahren werden sehr schnell eingeleitet, dauern elend lange und scheinen bei einigen Personen, die missliebig sind, gar nicht enden zu wollen. Zwar erklärt der Justizminister immer wieder, dass die sächsische Justiz sich an einer schnellen Erledigung ihrer Verfahren messen lassen wolle, aber dies scheint für Ermittlungsverfahren gegen politisch missliebige Personen nicht zu gelten. Da gibt es dann Verfahren, die älter als zwei Jahre sind und bei denen man hofft, dass sie ehrenrührig sind, rufschädigend und auch die wirtschaftliche Kreditwürdigkeit unterminierend. Damit man den Gegner, wenn man ihn politisch schon nicht besiegen kann, doch auf diese andere Weise aus dem Feld schlagen kann.
So wird in Sachsen das Ermittlungsverfahren bereits zur Strafe, was nichts anderes bedeutet, als dass ein strafprozessuales Instrument des Rechtsstaates missbraucht wird.
Eine Strafe darf im freiheitlich demokratischen Rechtsstaat nur vom Richter verhängt werden, nicht aber vom Staatsanwalt.
Für manch einen eine Neuigkeit - denn das konnte man früher weder in Potsdam noch in Burgscheidungen lernen.
Im übrigen denken diejenigen zu kurz, die das für besonders trickreich halten, denn wenn es so weitergeht, wird es im Freistaat Sachsen zum guten Ton gehören, ein Ermittlungsverfahren bei den Mackenroths und Schwürzers zu haben, denn wer von den richtigen Leuten verfolgt wird, darf sicher sein, dass er ein rechter Kerl ist.
Und bestraft werden kann er ohnehin nur, wenn sich ein unabhängiges Gericht findet, was die Mackenroths und die Schwürzers offenbar zu fürchten haben, wie der Teufel das Weihwasser.
Der Wahlkampf wird spannend werden, wenn uns der sorbische Verwandlungskünstler erklären muss, wie Georgs Bank, Georgs Sumpf und Georgs Brücke als großartige Erfolge der sächsischen Politik zu verstehen sind.