Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 25.06.2009
Kampf ums Überleben
Kommentar von Jens Jungmann
Mit blankem Entsetzen verfolgte die SPD-Fraktion die Regierungserklärung ihres Parteivorsitzenden im Landtag. Streichelte doch die Rede von Thomas Jurk die Seele der CDU und vor allem die des MP: Lob und Dank an Milbradt und Rückendeckung für Stanislaw Tillich.
Seiner eigenen Fraktion trat Thomas Jurk damit heftigst gegens Schienbein. Gerade die Rückendeckung für Tillich stieß sauer auf. Als hätte der Parteichef die Debatte der vergangenen Tage um die neuen Details aus Tillichs Vergangenheit und dessen desaströsen Umgang damit verschlafen.
Die Rückendeckung für Tillich war auch ein klarer Fingerzeig gegen Karl Nolle, der die Tillich-Debatte mit seinem „Blockflöten"-Buch neu entfacht hat. Das wurmt Thomas Jurk. Es sind die Vorzeichen eines sich anbahnenden Generationenwechsels in der SPD, welche gestern im Landtag zu beobachten waren.
Zwei Machtzentren kollidieren: Die SPD-Regierungszentrale - Jurk und seine engsten Berater - auf der einen Elbseite und die junge Garde um
den immer stärker werdenden SPD-Fraktions-Chef Martin Dulig auf der anderen Elbseite, im Landtag.
Der Parteichef ahnt, dass seine Zeit bald vorbei sein könnte. Die Wahlergebnisse verharren tief im Keller. Er hat es nicht geschafft. die SPD zu erneuern. Die Rolle seiner Partei im kommenden Landtag wird wohl in der Opposition sein.
Und in dieser Opposition wird Thomas Jurk (47) wohl keine Rolle mehr spielen. Denn Martin Dulig (35) führt die Fraktion erfolgreich. Er hat selbst das freie Radikal Nolle mehr oder weniger gut eingebunden. Das Aufbäumen von Thomas Jurk gestern im Landtag könnte vielleicht der letzte Versuch gewesen sein, der CDU zu beweisen, dass die SPD die bessere Alternative zur FDP ist.
Doch das dürfte schwer werden. Würde die CDU eine handzahme SPD tatsächlich erwählen, hätte Jurk wenigstens sein Ministeramt gerettet. Die eigene Fraktion erneut von sich zu überzeugen und neues Vertrauen zu gewinnen, dürfte noch schwerer werden.