Karl Nolle, MdL
www.mdr.de, 02.07.2009
Verfassungsgerichtshof Weimar: Stasi-IM bleiben "parlamentsunwürdig" - Leukefeld nicht
Das Stasi-Überprüfungsverfahren im Thüringer Landtag ist verfassungsgemäß. Das stellte der Landesverfassungsgerichtshof in Weimar klar. Damit dürfen frühere Inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit (IM) wie bisher "parlamentsunwürdig" genannt werden. "Parlamentswürdig" ist hingegen wieder die Linke-Abgeordnete Ina Leukefeld. Sie war IM der Polizei gewesen.
Thüringer Landtagsabgeordnete, die in der DDR als Stasi-Spitzel gearbeitet haben, dürfen weiter als "parlamentsunwürdig" bezeichnet werden. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar wies eine Klage der Fraktion der Partei Die Linke im Thüringer Landtag ab. Sowohl die Überprüfung als auch die Ausgestaltung des Verfahrens sei mit dem Grundsatz des freien Mandats in der Verfassung vereinbar, urteilten die Richter. Es bestehe zudem ein öffentliches Interesse an der Aufklärung von Stasi-Verstrickungen der Abgeordneten. Die Entscheidung fiel mit knapper Mehrheit: Vier der neun Richter vertraten eine andere Meinung.
CDU kündigt Weiterführung der Überprüfung an
CDU-Fraktionschef Mohring wertete das Urteil als Erfolg für die Demokratie. Bei MDR INFO kündigte er zugleich an, dass die CDU das zum Ende der Legislaturperiode auslaufende Gesetz nun verlängern werde. Auch die Thüringer Landesbeauftragte für Stasiunterlagen, Hildigund Neubert, begrüßte das Urteil. Die heimliche Zusammenarbeit mit dem DDR-Ministerium für Staatssicherheit sei kein Kavaliersdelikt gewesen, sondern habe dazu beigetragen, dass die SED ihr Regime auch auf Angst vor Denunziation gründen konnte.
CDU und SPD begrüßen Weimarer Urteil, Linke hatte geklagt
Die Landtagsfraktion Die Linke hatte gegen das Überprüfungsgesetz für Abgeordnete geklagt. Das Verfahren sei nicht rechtens, da nur ein kleines Gremium und nicht das gesamte Parlament entscheide, erklärte Fraktionschef Dieter Hausold. Konkret besteht der Überprüfungsausschuss aus der Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski (CDU), den beiden Vizepräsidenten von Linke und SPD sowie zwei weiteren CDU-Vertretern. Hinzu kommen ohne Stimmrecht der Fraktionsvorsitzende der betreffenden Fraktion und eine Vertrauensperson des Abgeordneten.
Landtagsausschluss ist nicht möglich
Das mehrheitlich aus CDU-Abgeordneten bestehende Gremium hatte die Linke-Abgeordneten Ina Leukefeld und Frank Kuschel als parlamentsunwürdig eingestuft, weil sie in den 1980er-Jahren als Inoffizielle Mitarbeiter für die politische Abteilung K1 der Polizei (Leukefeld) bzw. für die Staatssicherheit (Kuschel) gearbeitet hatten. Ausschließen kann der Thüringer Landtag stasibelastete Abgeordnete nicht. Das hatten die Weimarer Verfassungsrichter in einem früheren Urteil entschieden.
In einer eigenen Klage setzte sich Leukefeld hingegen durch. Laut Verfassungsgericht darf sie nicht mehr als "parlamentsunwürdig" bezeichnet werden. Die Richter erklärten, die DDR-Polizei sei nicht mit dem Ministerium für Staatssicherheit gleichzusetzen. Es fehle die gesetzliche Grundlage, einen Abgeordneten wegen einer früheren Verstrickung mit der Polizeiabteilung K1 als parlamentsunwürdig zu bezeichnen. Leukefeld hatte 1985 und 1986 als Mitarbeiterin im Rat der Stadt Suhl Berichte für die K1 verfasst. In einer persönlichen Erklärung bezeichnete Leukefeld nach der Wende ihr Tun als "eine völlig inakzeptable und nicht zu rechtfertigende Handlungsweise" und einen "Eingriff in die Bürger- und Freiheitsrechte der betroffenen Menschen".
Trotz Wissen um IM-Tätigkeit Direktmandat gewonnen
Beide Politiker waren trotz des Wissens um ihre IM-Tätigkeit 2004 erneut in den Landtag gewählt worden, Leukefeld gar als Direktkandidatin. Beide kandidieren auch 2009 für den neuen Landtag.