Karl Nolle, MdL

MDR-Sachsenspiegel, 1.7.2009 19:00 Uhr, 02.07.2009

Hubertus Knabe: “Ich denke, dass diese Maßstäbe auch und gerade für den ersten Mann im Staate gelten müssen.“

MDR-Sachsenspiegel - Interview-Mitschrift Karl Nolle
 
… Tillich und der Umgang mit seiner Vergangenheit

Moderatorin Uta Georgi: Aus Berlin ist uns jetzt Hubertus Knabe zugeschaltet. Er ist der Direktor der Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen einer Gedenkstätte für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft. Guten Abend nach Berlin.

Guten Abend nach Sachsen

Herr Knabe welchen Unterschied machen Sie denn zwischen Kontakten zur Stasi und der Arbeit für das MfS?

Ja, Kontakte, kann man natürlich auf vielfältige Weise haben zum Beispiel, wenn man bei der Stasi eingesperrt wird. Hier geht es aber offensichtlich um etwas anderes, dass in dem Fragebogen in Sachsen dezidiert erst nach einer Stasi Tätigkeit gefragt wurde und dann nach weiteren dienstlichen Kontakten und hier hat er Tillich offenbar den Fragebogen falsch ausgefüllt.

Überzeugt sie denn die Darstellung von Stanislaw Tillich im Umgang mit diesem Fragebogen insbesondere mit der Frage nach den Kontakten zur Staatssicherheit?

Ich glaube, er hat ein Problem weil er hier nicht mit offenen Karten spielt. Man hat das Gefühl, dass er jetzt gedrängt wird. Dadurch das morgen (2.7.09) wahrscheinlich das entsprechende Gerichtsurteil kommen wird, dass der Fragebogen veröffentlicht werden muss. Das ist nicht das Problem, dass er hier in dienstlicher Eigenschaft Besuch vom Staatssicherheitsdienst bekam, sondern, wie er damit umgeht und dass er hier offenbar im Fragebogen nicht wahrheitsgemäß geantwortet hat. Auf dem Fragebogen selbst es ja unten vermerkt, dass dies zur Beendigung des Dienstverhältnisses führt.

Nun wissen wir ja auch, dass nach der Wende wer Kontakte zur Stasi angegeben hatte, der war schlecht dran, das hatte immer auch einen faden Beigeschmack, und es konnte auch der Karriere schaden. Kann man denn unter diesem Blickwinkel nachvollziehen, dass Stanislaw Tillich angegeben hat, dass er keine Kontakte hatte?

Also nachvollziehen kann man vieles aber es hat eben in den anderen Fällen dazu geführt, dass dann auch Entlassungen vorgenommen worden sind weil es ja gerade darum ging, hier für eine personelle Erneuerung zu sorgen und das erste was ein Arbeitgeber dabei wissen musste ist, was die Leute früher so gemacht haben und dann wird eine Einzelfallentscheidung getroffen, so stand es ja auf dem Fragebogen. Sachsen ist da übrigens sehr vorbildlich gewesen in Brandenburg hier in der Umgebung ist das ganz anders gelaufen und ich denke dass diese Maßstäbe auch und gerade für den ersten Mann im Staate gelten müssen.

Was erwarten Sie denn nun in der Diskussion um den sächsischen Ministerpräsidenten, wird sie das beruhigen oder wird das zu einem Wahlkampfthema weiter ausgebaut?

Ja, er hat sich da meines Erachtens unnötiger Weise in eine dumme Position manövriert. Er hätte ja schon im letzten Jahr, als die Diskussion aufkam, offen darüber berichten können, er hätte auch den Fragebogen vorlegen können. Das hat er abgeblockt und jetzt hat er ein Problem mitten im Wahlkampf und das wird der CDU möglicherweise schaden. Ein bisschen merkwürdig wird die Kritik daran natürlich, dass ausgerechnet nun auch Parteien hier auf ihn einschlagen die selbst Stasi Mitarbeiter im Parlament sitzen haben wie die Linkspartei in Sachsen. Das ist natürlich ziemlich Heuchelei.

Vielen Dank für die Einschätzung. Hubertus Knabe war das, der Direktor der Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen, die an die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft erinnert.

(Mitschrift Karl Nolle)