Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 03.07.2009

Kritik an Tillich wegen Fragebogen

 
Dresden. Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) gerät wegen Angaben zu seiner Tätigkeit in der DDR weiter unter Druck. Kritik kam gestern nicht nur von der Opposition, auch der Koalitionspartner SPD sowie Wissenschaftler monierten den Umgang mit der eigenen Vita. „Der Ministerpräsident hat den richtigen Zeitpunkt verpasst, reinen Tisch zu machen“, sagte die Fraktionschefin der Grünen, Antje Hermenau, in Dresden. „Jetzt kann er nicht einmal mehr den Vorwurf zurückweisen, den Fragebogen falsch ausgefüllt zu haben.“

Nach monatelangem Zögern hatte Tillich am Mittwoch offenbart, dass er bei seinem Amtsantritt als Minister 1999 in einem offiziellen Bogen die Frage nach dienstlichen Stasi-Kontakten verneint hatte. Neun Jahre nach dieser Erklärung war bekannt geworden, dass er 1989 als Vizechef im ehemaligen Rat des Kreises Kamenz mindestens zwei Dienstkontakte mit dem MfS hatte. Einen Widerspruch sieht die Staatskanzlei hier nicht. Und auch Tillich hatte am Mittwoch auf der Lesart bestanden, die Frage korrekt beantwortet zu haben. Begründung: Er habe nie fürs MfS gearbeitet, folglich habe er auch die Frage nach Kontakten verneint.

Für Christoph Jestaedt ist das wenig schlüssig. „Er hätte die dienstlichen Treffen mit den Stasi-Leuten natürlich angeben müssen“, sagte der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Dresden Spiegel-Online. „Dabei obliegt die Deutungshoheit über die Fragen nicht demjenigen, der sie ausfüllt.“ Probleme bereitet Tillich nicht zuletzt jener Passus in dem Fragebogen, wonach unvollständige oder unwahre Antworten „im Regelfall“ zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen.

Entsprechend hart fiel die Kritik von Hubertus Knabe aus. „Das Problem sind nicht die Kontakte, sondern die offensichtlich falschen Angaben“, sagte der Direktor der Stasi-Opfer-Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen. Gerade in Sachsen seien die Regeln zur personellen Erneuerung nach dem Ende der DDR vorbildlich gewesen. „Was für jeden normalen Staatsdiener gilt, muss aber erst recht für den ersten Mann im Staate gelten“, meinte Knabe.

Hier setzt auch die Linke an. Fraktionsvize Klaus Tischendorf sprach gar von vier falschen Antworten des Regierungschefs. „Jeder andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Sachsen wäre dafür hochkant rausgeflogen.“ Der Koalitionspartner SPD forderte Tillich auf, für Klarheit zu sorgen. „Der Ministerpräsident würde dem Land einen Dienst erweisen, wenn er noch vor dem Landtagswahlkampf alle nötigen Informationen offen auf den Tisch legt“, sagte Generalsekretär Dirk Panter. SPD-Mann Karl Nolle meinte, „Tillichs Glaubwürdigkeit ist zusammengebrochen“.

Dagegen stellte sich Ex-Innenminister Heinz Eggert (CDU) hinter Tillich. „Es ist völlig unerheblich, was er angekreuzt hat. Es wäre sowie ohne Konsequenzen geblieben.“
Jürgen Kochinke