Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 07.07.2009

Keine Amtshilfe vom Gericht

Von Karin Schlottmann
 
Im Rechtsstreit um Tillichs Fragebogen geht sein Anwalt neue Wege.
Christoph Jestaedt ist Richter am Verwaltungsgericht Dresden mit langjähriger Erfahrung im Beamtenrecht. Vorigen Mittwoch sagte er in einem Interview, Ministerpräsident Stanislaw Tillich habe den Personalbogen über seine politische und berufliche Vergangenheit falsch ausgefüllt. Die Kontakte zur Staatssicherheit hätte er damals angeben müssen.

Diesen Rüffel wollte sich die Staatskanzlei unter keinen Umständen bieten lassen. Tillichs Anwalt Gernot Lehr (Bonn) erbat sich deshalb Amtshilfe vom Verwaltungsgericht selbst, also von der Instanz, zu deren Aufgabe die Kontrolle der Regierung gehört. Er rief den Pressesprecher des Gerichts an und fragte, ob es nicht möglich sei, sich offiziell von Richter Jestaedt zu distanzieren. Pressesprecher Robert Bendner lehnte das ab. Der Kollege habe klar erkennbar nicht im Namen des Gerichts gesprochen, sondern nur seine eigene private Meinung geäußert.

Richter Jestaedt kommentierte die Sache ironisch: Das Recht auf Meinungsäußerung gelte auch in Sachsen – sogar für Richter.


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53115 Bonn



Dresden den 6. Juli 2009

Presseinformation: "Flucht in die Wahrheit als Heldentat "



Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Lehr,

ich bestätige den Eingang ihres Schreibens vom heutigen Tage. Hierzu bemerke ich, dass ich lediglich im Konjunktiv eine Version erfragt habe, die über Kontaktieren der Präsidentin des Verwaltungsgerichts Dresden durch den Staatsminister Beermann im Umlauf ist. Ich habe nicht behauptet, dass ein solcher Kontakt stattgefunden hat.

Umso dankbarer bin ich ihnen, dass sie nunmehr klargestellt haben, dass die Staatskanzlei in der Tat sich an das Verwaltungsgericht Dresden gewendet hat, um eine Erklärung von dort zu erlangen, die man der Meinungsäußerung von Herrn Vorsitzenden Richter am VG Christoph Jesteadt in der öffentlichen Diskussion entgegenhalten könnte. Dass die Staatskanzlei dies durch sie getan hat, dürfte ohne Belang sein, da ich annehme, dass ihr Auftrag und ihre Vollmacht dies ohne weiteres umfasst.

Wenn Herr Staatsminister Beermann sich Ihrer bedient, um auf das Verwaltungsgericht Dresden einen unzulässigen Druck auszuüben, dann ist es lediglich eine Geschmacksfrage, ob er diese Aktion selbst oder eben durch einen Handlanger vornehmen lässt.

Mich überrascht ihre Einlassung ganz besonders, weil ich von einem Mitglied einer der Spitzenkanzleien Westdeutschlands auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts nun wirklich erwartet hätte, dass diese über die in Rede stehenden Rechtskenntnisse verfügt und deshalb von einer solchen Aktion durch Herrn Staatsminister Beermann abgeraten hätte und natürlich erst recht eine solche Aktion für diesen selbst nicht vornehmen würde. Schließlich sind wir hier ja nicht im wilden Osten, wo man tun und lassen kann, was so ein Staatsminister gerade für opportun hält.

Im übrigen ist Sachsen nicht Hessen und Stanislaw Tillich auch nicht Roland Koch, selbst wenn die Aktionen ihres Auftraggebers immer wieder bezweifeln lassen, ob er diese Realitäten bereits zur Kenntnis genommen hat.

Mit freundlichen Grüßen
Karl Nolle, MdL