Dresdner Morgenpost, 07.05.2001
Affäre Biedenkopf schlägt auf Wahlverhalten der Sachsen
Dramatische Verluste für Sachsens CDU
DRESDEN. Jetzt schlagen die Querelen um Ministerpräsident Kurt Biedenkopf auf das Wahlverhalten Sachsen durch: Meinungsforscher sagen dramatische Verluste für die CDU voraus.
Um Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) breitet sich zunehmend Einsamkeit aus. Langjährige Vertraute haben ihm den Rücken gekehrt. Und eine Umfrage zeigt, dass die Miet- und Putzfrauenaffäre ihm und der Partei einen verheerenden Ansehensverlust bereitet.
Im Auftrag der SPD im Landtag befragte das Leipziger Institut für Marktforschung über tausend Sachsen nach den Auswirkungen der Affäre Biedenkopf. 35 Prozent glauben, dass Biedenkopf unberechtigt finanzielle Vorteile und Privilegien für sich genommen hat. 38 Prozent denken, er habe „ganz sauber" gehandelt. Der Rest ist unsicher. Sollten sich die Vorwürfe gegen ihn bewahrheiten, fänden das 79 Prozent „moralisch verwerflich". 58 Prozent halten eine umfassende Aufklärung für nötig. Und fast jeder Zweite (44 Prozent) sagte, „die Bereitschaft CDU zu wählen" habe „eher abgenommen".
Der Zeitraum der Umfrage macht die Sache noch schlimmer: Sie wurde abgeschlossen, als der Bericht der Staatskanzlei über die Versäumnisse rings um das Regierungsgästehaus gerade erst bekannt wurde. „Die Glaubwürdigkeit des Ministerpräsidenten hat bereits arg gelitten", kommentierte SPD-Fraktions-Chef Thomas Jurk.
Auch Biedenkopfs ehemalige Vertraute wenden sich von ihm ab. Das wurde zuletzt deutlich, als sein früherer Staatskanzleichef Günter Meyer (CDU) sich weigerte, die Verantwortung für Versäumnisse bei der Diskussion der Mietverträge zu übernehmen (Morgenpost berichtete). Selbst CDU-Landes- und Fraktions-Chef Fritz Hähle ist offenbar zu dem Ergebnis gekommen, dass mit Biedenkopf überhaupt nicht mehr zu reden ist.
Biedenkopf selbst gibt sich ungerührt. Gestern versuchte er, die Mietaffäre mit der Bemerkung wegzuwischen, die Debatte richte sich vor allem gegen seine Frau, und das sei eine „Sauerei".
(Stefan Rössel)