Sächsische Zeitung, 05.04.2001
CDU steht zu Biedenkopf
Der Ministerpräsident wehrt sich, doch er gibt nicht auf alle Vorwürfe eine Antwort
DRESDEN. Erstmals hat sich gestern Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) zu den Vorwürfen gegen ihn geäußert. Die Opposition verschärfte ihre Kritik an der Vermischung privater und dienstlicher Belange.
Vor der CDU-Landtagsfraktion äußerte sich Biedenkopf nach Berichten von Teilnehmern "sehr traurig" über die Angriffe gegen seine Person. Nach Aussagen von Teilnehmern wirkte er erschüttert über die Vorwürfe, er und seine Ehefrau hätten private und dienstliche Dinge nicht voneinander getrennt. "Ich weiß nicht, was ich dagegen machen soll", gab ein Teilnehmer Biedenkopf wieder. Der Ministerpräsident wehrte sich vor allem gegen den Eindruck, er genieße Privilegien. Er habe mit 35 Prozent des Westgehalts angefangen und erhalte heute 86 Prozent. Wäre er nicht nach Sachsen gekommen, hätte er in der Wirtschaft deutlich mehr verdienen können. Für den Umstand, dass er den Dienstwagen auch für private Zwecke nutzen könne, zahle er pro Jahr rund 12 000 Mark netto. Dass der Landesrechnungshof sich erst nach zehn Jahren des Themas annehme, habe ihn verwundert, so Biedenkopf. Die Fraktion spendete Biedenkopf demonstrativ lang anhaltenden Beifall. In einer Presseerklärung wies sie die "Neid- und Diffamierungskampagne, die gegenwärtig in einigen Medien" geführt werde, zurück. Im Interesse des Landes verzichte das Ehepaar Biedenkopf auf ein Privatleben. Allerdings war der Ministerpräsident in der Öffentlichkeit weder wegen der Höhe seines Gehalts noch wegen der privaten Nutzung seines Dienstwagens kritisiert worden. Dagegen ließ er Fragen nach der Beschäftigung mehrerer staatlich bezahlter Hausangestellter für private Zwecke auch gestern unbeantwortet.
FDP spricht von "ungeheuerlichem Sumpf"
Staatskanzleichef Georg Brüggen räumte ein, Fragen wie "Was ist dienstlich, was privat?" seien stets zu stellen, wenn Menschen im Auftrag der Gemeinschaft ein Mandat mit repräsentativen Verpflichtungen wahrnehmen. Die Staatskanzlei werde bei diesbezüglichen Entscheidungen besonders auf Sparsamkeit achten. Er habe mit dem Landesrechnungshof eine rasche Prüfung vereinbart, sagte Brüggen der Nachrichtenagentur ddp. PDS-Fraktionschef Peter Porsch kritisierte den niedrigen Mietzins. Er bezeichnete die Wohnung als "Hotel-Suite", für die Biedenkopf in zehn Jahren gut 1,2 Millionen Mark hätte zahlen müssen. Zur Rückzahlung schlug die PDS Biedenkopf vor, auf die Hälfte seiner Abgeordnetendiäten zu verzichten. Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow bezeichnete die Affäre als "ungeheuerlichen Sumpf". Er äußerte Unverständnis dafür, dass der Steuerzahler das "persönliche Lebensumfeld von Kurt und Ingrid Biedenkopf subventionieren" müsste. Es sei dem Ministerpräsident zuzumuten, marktübliche Mieten zu zahlen. Landtagspräsident Erich lltgen (CDU) dementierte gestern die in der SZ wiedergegebene Äußerung, er fordere eine Kontrolle durch den Landtag. Vielmehr habe er darauf hingewiesen, dass sich der Haushalts- und Finanzausschuss mit dem betreffenden Einzelplan beschäftigt und auch das Parlament dem Haushalt zugestimmt hätten. Die Prüfung der Mietverträge sei eine Angelegenheit des Rechnungshofes. Für den Finanzexperten der PDS-Fraktion, Ronald Weckesser, ist das Thema noch lange nicht erledigt. "Mit Sicherheit werden wir etwas unternehmen", sagte der Abgeordnete der SZ. Einzelheiten müsse man auf der nächsten Fraktionssitzung beraten.
(Von St. Klameth und Chr. Striefler)