Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 04.04.2001

Seit Jahren zahlt Biedenkopf eine Miete weit unter Marktniveau

Iltgen fordert Prüfung durch Landtag
 
DRESDEN. Wir werden uns nicht gegenseitig vorrechnen, ob das Ehepaar Biedenkopf seine Wurstscheiben privat oder öffentlich gegessen hat." Mit diesen Worten lehnte Regierungssprecher Michael Sagurna gestern Fragen (s. Kasten) zur Trennung dienstlicher und privater Belange ab. Man wolle erst den Bericht des Rechnungshofes abwarten, der turnusmäßig im Herbst erscheinen soll. In den letzten Tagen war dem Ministerpräsidenten vorgeworfen worden, fünf Angestellte des Gästehauses auch in seiner Dienstwohnung beschäftigt zu haben - ein in Deutschland einmaliger Vorgang. "Falls der Rechnungshof uns kritisiert und sinnvolle Änderungsvorschläge macht, werden wir uns daran natürlich halten", sagte Sagurna. Biedenkopfs Sprecher widersprach Vermutungen, der Ministerpräsident habe sechs Jahre lang widerrechtlich keine Miete für seine Dienstwohnung in der Schevenstraße gezahlt. Laut Ministergesetz habe Biedenkopf Anspruch auf eine kostenlose Dienstwohnung gehabt, so Sagurna. Durch eine Änderung im Bundesbesoldungsgesetz sei dieses Privileg dann 1997 weggefallen. Seit dem 1. Juli zahlt der Ministerpräsident 1 857,03 Mark Warmmiete. Die Wohnung hat eine Größe von etwa 150 Quadratmetern, so der Regierungssprecher. Sie bestand zunächst aus zwei Zimmern mit Bad, zwei weitere Räume wurden später noch dazugemietet. Dazu müssten noch die Großküche und Flure gezählt werden, die von den Biedenkopfs mitgenutzt würden. Diese Miete liegt weit unter der Durchschnittsmiete in dem Villenviertel. "Für eine voll sanierte Wohnung in Loschwitz muss man mindestens 15 Mark Kaltmiete pro Quadratmeter zahlen", erklärte die Maklerin Angelika Barie der SZ. Für jeden Quadratmeter kämen noch einmal drei bis vier Mark Betriebskosten. Nach dieser Rechnung müsste das Ehepaar Biedenkopf im günstigsten Fall rund 2 700 Mark Miete zahlen, zumal die Mietpreise 1997 deutlich höher gelegen haben. CDU-Fraktionschef Fritz Hähle wies gestern die Angriffe auf Biedenkopf zurück: "Solche Vorwürfe müssen erst mal bewiesen werden." Anders sieht es Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU). Unabhängig von der Prüfung des Landesrechnungshofes sollte auch der Landtag seine parlamentarische Kontrollpflicht wahrnehmen, sagte Iltgen der Sz. Denkbar
sei beispielsweise, dass sich der Haushalts- und Finanzausschuss die Mietverträge für die Schevenstraße vornimmt. Im Haushalts- und Finanzausschuss hätten sowohl die Amtswohnung des Ministerpräsidenten als auch das Gästehaus der Staatsregierung "nicht die geringste Rolle" gespielt, sagte das langjährige Ausschussmitglied Gunter Lochbaum (SPD) auf SZ-Anfrage.
(St. Klameth und Chr. Striefler)

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