Sächsische Zeitung, 03.04.2001
Koch und Putzfrau inklusive Dienstliche Pflichten und privater Nutzen
Der Rechnungshof prüft in einer Grauzone
DRESDEN. Es soll ein schöner Tag für Ingrid Biedenkopf werden: Am B. April begeht die Gattin des sächsischen Ministerpräsidenten ihren 70. Geburtstag. Künstler bieten ihr ein Ständchen, die Enkelkinder sind zu Gast, und auch einige Überraschungen seien vorbereitet, verriet die Staatskanzlei vorab. Weniger erfreulich dürfte für das Ehepaar Biedenkopf die Zeitungslektüre der vergangenen Tage gewesen sein. Zuerst war das "Büro Ingrid Biedenkopf" Thema, gestern rückte die "Dresdner Morgenpost" auch die Dienstwohnung ins Blickfeld der Kritik. Möglicher Hintergrund ist eine Prüfung durch den Landesrechnungshof. Dessen Präsident Hans-Günther Koehn bestätigte auf SZ-Anfrage, dass die Kontrolle schon lange geplant gewesen sei. Zum Ergebnis wollte er sich jedoch nicht äußern: "Das ist vertraulich." Leicht dürften es die Prüfer jedenfalls nicht haben, denn sie bewegen sich offensichtlich in einer regelrechten Grauzone. Nach Auskunft von Regierungssprecher Michael Sagurna bewohnt das Ehepaar Biedenkopf nur einen "relativ kleinen Teil" im Gästehaus der Staatsregierung auf der Schevenstraße in Dresden. Dieses Haus werde von fünfeinhalb Mitarbeitern - das heißt, nicht alle sind voll beschäftigt - bewirtschaftet: Putzfrau, Gärtner, Hausmeister, Koch. Die Personalkosten beliefen sich pro Jahr auf rund 300 000 Mark. Wer das Geld im Haushaltsplan sucht, tut das freilich vergeblich: Seit 1998 sind diese Kosten nicht mehr einzeln ausgewiesen. Den Grund konnten gestern weder der Regierungssprecher noch das Finanzministerium nennen. Dafür hat die SPD-Fraktion einen schlimmen Verdacht: Das Versteckspiel solle nur verschleiern, dass das Personal dem Ehepaar Biedenkopf auch privat zu Diensten stehe. Bei einer monatlichen Warm-Miete von 1 857,03 Mark sei jedenfalls klar, dass "die Kosten für die Putzfrau nicht schon mit drin sein können." Und nicht nur die Putzfrau. Der Koch sei beispielsweise notwendig, weil der Ministerpräsident "regelmäßig" zu Gesprächen und Empfängen auf die Schevenstraße einlade, erklärte Sagurna. Ob der Küchenmeister auch darüber hinaus für die Biedenkopfs kocht, wisse er nicht, so der Regierungssprecher. Er fügte aber vorsichtshalber hinzu: "Das kann man nicht trennen." Ebenso wenig wie die Brötchen für den offiziellen oder privaten Verzehr. Dass es auch anders geht, zeigt das CDU-regierte Hessen: Kein Koch, keine Putzfrau und kein Gärtner unterstützen Roland Kochs Ehefrau Anke bei der Hausarbeit. Und sogar bei Bundespräsident Johannes Rau ist kein Koch fest angestellt. Alle Aufträge werden ausgeschrieben und von privaten Gastronomiebetrieben ausgeführt. "Das ist wesentlich preiswerter", erklärte eine Sprecherin des Bundespräsidialamtes. Die Grauzone, wo sich dienstliche Pflichten und privater Nutzen vermischen, erstreckt sich in Sachsen auch auf Dienstwagen. Gegen eine bestimmte Pauschale oder Einzelabrechnung darf Kurt Biedenkopf seine(n) Dienstwagen auch zu privaten Fahrten nutzen. Häufig wird aber auch seine Gattin in den Staatskarossen gesehen; ob es sich dabei um das Auto des Ministerpräsidenten handelt oder Frau Biedenkopf ebenfalls über einen Dienstwagen verfügt, ist bislang unklar: Der Regierungssprecher weiß es zumindest nicht.
(Steffen Klameth und Christian. Striefler)