DNN, 16.05.2001
PDS will Biedenkopf zum Rücktritt auffordern
Sondersitzung des Landtages stellt Ministerpräsident auf Prüfstand
DRESDEN. Geht es nach dem Willen der PDS, wird heute in einer Sondersitzung des Dresdner Landtages wegen der Miet-, Putzfrauen- und Yachtaffäre von Kurt Biedenkopf über dessen Schicksal entschieden. Unter der Drucksachen-Nummer 3/4202 beantragt die PDS: "Der Landtag möge beschließen: Der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Herr Prof. Dr. Kurt Biedenkopf, wird aufgefordert, von seinem Amt zurückzutreten." Das "System Biedenkopf mit seinem undemokratischen Hofstaat" beschädige den Ruf Sachsens, die Staatskanzlei sei nicht mehr in der Lage, die Regierungskrise zu steuern, so die PDS. Umstritten blieb bis gestern, ob über den Antrag geheim oder offen abgestimmt werden soll. Die Sozialisten setzen auf eine geheime Abstimmung, weil sie sich davon CDU-Stimmen erhoffen. Einzelne in den Reihen der Kronprinzen, der Ex-Minister oder unzufriedener Abgeordneter könnten Biedenkopf abwählen, sagte André Hahn, Parlamentarischer Geschäftsführer der PDS-Fraktion.
Die CDU erklärte indes, dass nur in Personalentscheidungen geheim abgestimmt werden könnte und für eine Abwahl des Ministerpräsidenten nur ein konstruktives Misstrauensvotum verfassungsgemäß sei. Die Union dürfte die Anträge der PDS daher geschlossen als destruktiv ablehnen. In der SPD erschien das Abstimmungsverhalten indes noch unklar. Der Rücktrittsantrag der PDS wird zwar für eine Schauveranstaltung gehalten, ob ihm einzelne Abgeordnete dennoch zustimmen, blieb offen. Bei der PDS wird bereits debattiert, ob sie auch ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Biedenkopf durchsetzt. In diesem Fall könnte die Partei möglicherweise einen parteiunabhängigen Kandidaten oder einen CDU-Minister in die Wahl schicken.
Biedenkopf selbst wird im Landtag zwar anwesend sein, will sich aber nicht äußern. Stattdessen sprechen Finanzminister Thomas de Mazire und Staatskanzleichef Georg Brüggen. Biedenkopf hatte im ZDF erneut seine Absicht bekräftigt, im Amt zu bleiben. Andere Politiker wie Späth oder Glogowski, die über Affären gestürzt waren, seien "offenbar nicht stark genug" gewesen. Unterdessen wurde bekannt, dass auf den Regierungschef mindestens fünfstellige Nachzahlungen für die Wohnkonditionen im Gästehaus in der Schevenstraße zukommen. Er selbst sprach von 70.000 Mark. "Dies sei eine überschlägige Rechnung dessen, was möglicherweise zu bezahlen ist", so sein Sprecher Michael Sagurna. Der Rechnungshof will seine Zahlen zu dem Fall bis Ende nächster Woche bekannt geben.
(Sven Heitkamp)