DNN, 15.05.2001
Nachfolge Debatte um Kurt Biedenkopf
Erwachsen werden
DRESDEN. In der so genannten „Putzfrauen-„, „Miet-„ oder „Dienstvilla-Affäre“ um Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und seine Ehefrau Ingrid wird es langsam Zeit, die Kirche im Dorf zu lassen. Das sind die Fakten:
Die Biedenkopfs wohnen zu sehr günstigen Mietkonditionen am Elbhang und nutzen Personal des Freistaates zu privaten Zwecken ohne zu bezahlen. Biedenkopf hat selbst eingeräumt, dass er nachzahlen wird.
Die patriarchalisch-monarchistische Amtsführung des Ehepaars Biedenkopf ist je nach Standpunkt des Betrachters amüsant bis unerträglich. Aber sie ist es nicht erst seit gestern.
Der Versuch, die ganzen Ungereimtheiten dem Finanzministerium und damit dem stärksten innerparteilichen Gegner Georg Milbradt in die Schuhe zu schieben, ist grotesk und spricht für das stümperhaft-arrogante Krisenmanagement, das die Staatskanzlei in dieser Angelegenheit walten lässt.
Bei allem Unmut sollte man aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Biedenkopf, darauf weisen Parteifreunde wie der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker zu recht hin, hat sich über alle Maßen verdient gemacht. Er hat den Sachsen Identität und Selbstwert vermittelt, hat mit seinen weltweiten Kontakten manchen Investor in den Freistaat geholt. Biedenkopf ist hierher gekommen um zu helfen, für ein Gehalt, das deutlich unter seinen vorherigen Bezügen lag und liegt.
Leider hat er es wie viele große Männer versäumt, rechtzeitig Jüngeren Platz zu machen. Und so zielt auch sein neuester Nachfolge-Vorstoß lediglich in die eine Richtung - dem in Ungnade gefallenen Milbradt eins auszuwischen. Die CDU in Sachsen ist gut beraten, bei der Suche nach einem Nachfolger auf Biedenkopfs Hilfe zu verzichten. Sie muss sich von ihrem Übervater lösen und erwachsen werden. So leid es einem um Biedenkopf tut.
(Dirk Birgel)