Freie Presse-Online, 17.05.2001
Rößler als Nachfolger von Biedenkopf im Gespräch
Minister selbst spricht von Gerüchteküche
Dresden (ddp-lsc). Die Nachfolgedebatte um Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) ist neu entfacht. Erstmals wurde am Donnerstag mit Matthias Rößler (CDU) ein offenbar konkreter Nachfolge-Kandidat genannt. Wie die «Dresdner Morgenpost» (Freitagausgabe) vorab berichtete, soll der bisherige Kultusminister Nachfolger des 71-jährigen Regierungschefs werden. Die so genannten U-50-Minister - sechs Kabinettsmitglieder unter 50 Jahre - hätten Rößler als Vorzugskandidaten benannt, schreibt das Blatt.
Rößler selbst bezeichnete den Bericht kurz und knapp als «Gerüchteküche». Eine Entscheidung über die Nachfolge-Regelung werde erst im September beim Parteitag der Sachsen-CDU gefällt. Regierungssprecher Michael Sagurna sagte, er höre jeden Tag zwei andere Namen, er werde sich an Spekulationen nicht beteiligen. Die Entscheidung über einen Biedenkopf-Nachfolger müsse letztlich die Partei treffen. CDU-Fraktionschef Fritz Hähle wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. PDS-Fraktionschef Peter Porsch erklärte, mit Gerüchten aus Hinterzimmern sei niemandem gedient. Statt dessen müsse Ministerpräsident Biedenkopf abgewählt und ein Nachfolger bestimmt werden.
Die U-50-Minister sind Rößler selbst sowie Justizminister Manfred Kolbe, Finanzminister Thomas de Maiziere, Landwirtschaftsminister Steffen Flath, Europaminister Stanislaw Tillich und Staatskanzleichef Georg Brüggen (alle CDU). Sie waren am Wochenende von Biedenkopf als mögliche Nachfolger ins Gespräch gebracht worden. Der Ministerpräsident hatte die Gruppe aufgefordert, sich auf einen Kandidaten zu einigen. Über das Ergebnis dieser Überlegungen sollten danach Partei und Fraktion entscheiden.
Eine Festlegung auf den Kreis der jüngsten Kabinettsmitglieder lässt allerdings Ex-Finanzminister Georg Milbradt (CDU) außen vor. Der war Ende Januar von Biedenkopf wegen Meinungsverschiedenheiten über seine Nachfolge aus dem Kabinett entlassen worden. Biedenkopf hatte in der daraufhin losgetretenen Nachfolgedebatte die Absicht bekundet, sein Amt bereits im Jahr vor der Landtagswahl 2004 abzugeben, um einem Nachfolger Zeit zum Einarbeiten zu geben.
Der 46-jährige Rößler wurde bereits mehrfach als möglicher Biedenkopf-Nachfolger gehandelt. Unter anderem hatte Rößler Ende vergangenen Jahres eine Kandidatur um den Fraktionsvorsitz gegen den derzeitigen Amtsinhaber Hähle erwogen. Das Amt galt als mögliche Schlüsselposition auf dem Weg zur Biedenkopf-Nachfolge. Der Ministerpräsident brachte Rößler jedoch in eine Zwickmühle: Er stellte seinen Kultusminister vor die Wahl, für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren oder Minister zu bleiben. Eine Doppelfunktion von Minister und Fraktionschef schloss Biedenkopf aus. Daraufhin verzichtete Rößler schließlich auf eine Bewerbung.
Rößler ist verheiratet und hat zwei Söhne. Der gebürtige Dresdner sitzt seit 1990 als Abgeordneter im Landtag und wurde 1994 Kultusminister.
(Quellen: «Dresdner Morgenpost» in einem Vorab-Bericht; Rößler am Rande der Landtagssitzung; Sagurna auf ddp-Anfrage, Porsch in Pressemitteilung)