Sächsische Zeitung Online, 22.05.2001
Ex-Beamter der Staatskanzlei prüfte mit
Rechnungshof zieht Mitarbeiter nach Protest zurück
DRESDEN. Billig-Miete inklusive Koch und Putzfrau - ob das Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) am Ende teuer zu stehen kommt, darüber wird vor allem der Prüfbericht des Landesrechnungshofes entscheiden. Das Papier - dessen Veröffentlichung in dieser Woche erfolgen soll - sorgt aber bereits im Vorfeld für Wirbel. Der Grund ist die Mitwirkung eines Rechnungshof-Angestellten, der vor seinem Wechsel zu der Leipziger Behörde in Biedenkopfs Staatskanzlei gearbeitet hat. Dort war er von 1991 bis 1995 auch für die Bewirtschaftung des Gästehauses der Staatsregierung auf der Dresdner Schevenstraße verantwortlich, dessen jahrelange Nutzung durch Biedenkopf jetzt vom Rechnungshof kontrolliert wurde.
Datenschützer verweist auf klaren Rechtsverstoß
Nach Auffassung des Landesbeauftragten für Datenschutz, Thomas Giesen, handelt es sich bei dieser Konstellation um einen klaren Bruch geltenden Rechts. "Bei der Erarbeitung des Berichts dürfen keine Personen mitwirken, die selbst mittelbar oder unmittelbar mit der Sachbearbeitung derjenigen Vorgänge befasst waren, die zu prüfen sind." Als Mitarbeiter der Staatskanzlei sei der heutige Rechnungsprüfer aber sowohl für die Hauskostenabrechnungen sowie für organisatorische Entscheidungen über die Nutzung der Schevenstraße zuständig gewesen. Giesen hat deshalb beim Rechnungshof bereits vor Wochen Protest eingelegt.
Rechnungshofpräsident Hans-Günther Koehn hält den Vorwurf allerdings für unberechtigt. Sein Unterstellter sei als einstiger Mitarbeiter der Staatskanzlei "an keinem Sachverhalt beteiligt" gewesen, den die Leipziger Behörde jetzt überprüft habe, sagte Koehn der SZ. Auch hätte er keinen Einfluss auf die Erstellung des Prüfberichts zur Schevenstraße gehabt. "Der betreffende Kollege war lediglich mit den Vorarbeiten beschäftigt." Die Verantwortung für die Prüfung sowie die Bewertung trage allein das so genannte kleine Kollegium - in dem Fall der zuständige Rechnungshofdirektor Udo Theobald und er als Rechnungshofpräsident. Koehn musste jedoch einräumen, dass er den betreffenden Mitarbeiter nach dem Giesen-Protest Anfang Mai von dem Aufgabengebiet zurückgezogen hat. "Aber nicht, weil dies nötig gewesen wäre, sondern nur um das heikle Thema nicht zusätzlich anzuheizen."
Sachsens obersten Datenschützer ist das angesichts der Bedeutung dieses Falles nicht genug. "Ich bleibe dabei, dass hier gegen geltendes Recht verstoßen wurde." Giesen hat inzwischen den Landtag offiziell über den Vorgang unterrichtet.
(Gunnar Saft)