Frankfurter Rundschau, 26.05.2001
Kommentar: Ende der Legende
Wenn Kurt Biedenkopf noch einen Rest Anstand hat und er will, dass die CDU nach 2004 noch regiert, kann er ihr nur einen Gefallen tun: sofort zurücktreten
Auf 36 Seiten Papier hat der Sächsische Rechnungshof die Legende vom bescheidenen Leben des unermüdlichen König Kurt zertrümmert. Es ist alles noch viel schlimmer als bislang gedacht. Biedenkopf, der immer den Anschein des Ministerpräsidenten erweckte, der sich für Sachsen aufreibt und in bescheidenen Wohnverhältnissen die Nächte durcharbeitet, hat es sich ganz schön gut gehen lassen auf Kosten der Allgemeinheit. Der Koch im Privathaus am Chiemsee, das Personal in der Dresdner Dienstwohnung. Mit Regierungsarbeit und bedeutenden Terminen lässt sich das nicht begründen.
Der Rechnungshofbericht ist ein Debakel für Biedenkopf. Das Gästehaus der Landesregierung, in dem der 71-Jährige mit Gattin Ingrid wohnt: ein Mythos. Es gibt kaum Gäste, es gibt so gut wie keine dienstlichen Veranstaltungen. Der ganze Betrieb dient allein der Wohllebe des Regentenpaares.
Man darf gespannt sein, wie viel Biedenkopf zurückzuzahlen bereit ist. Für Zweifelsfälle versprach er eine Rückerstattung. Man darf auch gespannt sein, wem er jetzt die Schuld zuschiebt. Bislang waren drei Staatssekretäre, ein Ex-Finanzminister und die Presse an seinem Ungemach und dem Durcheinander im Gästehaus schuld.
Der Bericht ist so klar und eindeutig, dass auch der letzte Christdemokrat im Lande begriffen haben müsste, was die Stunde geschlagen hat. Biedenkopf ist zur Belastung für die regierende CDU geworden. Wenn noch ein Rest Anstand übrig ist und er will, dass die CDU nach 2004 noch regiert, kann er ihr nur einen Gefallen tun: sofort zurücktreten.
(Von Bernhard Honnigfort)