Berliner Morgenpost, 19.06.2001
Von Dienstwohnungen und Eigenheimen: So wohnen Regierungschefs
Andere Bundesländer, andere Sitten
Andere Bundesländer, andere Sitten. In Niedersachsen seien die Dresdner Vorgänge nicht denkbar, sagt ein Regierungssprecher. Dort hat man leidvolle Erfahrungen gemacht: Ex-Ministerpräsident Gerhard Glogowski (SPD) war unter anderem über Ungereimtheiten mit seiner Dienstwohnung gestolpert. Amtsnachfolger Sigmar Gabriel (SPD) übernachte nur zu dienstlichen Anlässen im Gästehaus der Landesregierung - und dann werde er im Verhältnis deutlich stärker zur Kasse gebeten als Biedenkopf. Bei einer dauerhaften Nutzung der 49-Quadratmeter-Wohnung würden im Monat theoretisch 1080 Mark Warmmiete fällig.
Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) zahlt zwar keine Miete, wohnt aber «auf unsicherem Boden» - in einem Potsdamer Haus, das er 1982 für rund 20 000 DDR-Mark erwarb. Im Juli 1990 kaufte er dann noch das Grundstück dazu - für 13 480 DDR-Mark. Letzteres ist aber nicht auf seinen Namen im Grundbuch eingetragen, weil vorher ein Rückgabeantrag gestellt wurde. Die Alteigentümer beziehungsweise deren sechs Erben haben einen Prozess angestrengt.
Die meisten Ministerpräsidenten ziehen sich nach Feierabend in ihre eigenen Gemächer zurück. So der Regierungschef von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff (SPD). Er und seine Frau wohnen in einem Häuschen nordöstlich der Landeshauptstadt, gelegen in einem 100-Seelen-Dörfchen an einem See, in dem Ringstorff morgens gern badet. «Es gibt dort weder Gärtner noch Köche», sagte ein Sprecher. Auch eine Dienstvilla gibt es trotz der 1000 Schlösser und Herrenhäuser in dem Bundesland nicht.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) wohnt im Eigenheim, ebenso wie NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement oder Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (beide SPD) - sie hat allerdings noch eine kleine Dienstwohnung im Gästehaus der Landesregierung. «Nur in Ausnahmefällen nach sehr späten Terminen oder sehr frühen am nächsten Tag» steige Simonis dort ab. In «eineinhalb Zimmern, nicht der Rede wert», sagt ein Sprecher. Die Miete sei von unabhängigen Schätzern festgelegt worden. Also alles korrekt.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) verzichtet auf das offizielle Gästehaus und wohnt lieber im heimatlichen Steinfeld in der Südpfalz. In Mainz habe er eine Privatwohnung, Miete und Putzfrau zahle er selbst, hieß es. Hessens Roland Koch (CDU) wohnt statt in der Wiesbadener Dienstvilla in Eschborn. Den Saarländer Peter Müller (CDU) zieht es nach Feierabend ins Privathaus zu Ehefrau und Kindern, Sachsen-Anhalts Regierungschef Reinhard Höppner wohnt mietfrei im eigenen Haus in Magdeburg.
Berlins bisheriger Regierender Bürgermeister, Eberhard Diepgen (CDU), hat in einer Privatwohnung logiert, auch der neue Mann, Klaus Wowereit (SPD), tut dies. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel wohnt ebenfalls in privaten vier Wänden. Bayerns Regierungschef Edmund Stoiber (CSU) lässt sich nach der Arbeit ins in der Nähe von München gelegene Wolfratshausen fahren. Dort steht sein Einfamilienhaus - inklusive Herrgottswinkel und Kruzifix an der Wand. Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) genießt die Freizeit im Eigenheim am Stadtrand.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wohnt derzeit teuer. Mit dem Umzug in die 200 Quadratmeter-Dienstwohnung im neuen Bundeskanzleramt nach den Sommerferien könnte er sich bald verbessern: Monatlich 3600 Mark zahlt der Kanzler jetzt für seine Dienstvilla in Dahlem. Für die neue Wohnung steht der Mietpreis nach Angaben des Bundespresseamtes noch nicht fest. Das Magazin Spiegel berichtete, Schröder wolle für Wohn- und Schlafzimmer, Küche und Bad nicht viel mehr als 1000 Mark zahlen. Doch trotz der möglicherweise billigeren Miete will er zunächst nur probeweise einziehen: Man wolle erst einmal sehen, ob sich die Räume zum Wohnen eignen, kündigte Gattin Doris Schröder-Köpf an.
(dpa)