DNN, 03.06.2001
Die Sachsen wissen, was sie an ihrem Biedenkopf haben
Diskussion zu Miet-Affäre um Sachsens Ministerpräsidenten
Zu Leserbriefen „Der kleine Mann schätzt Biedenkopf sehr" (Ausgabe 19. Mai)
Den Meinungen in diesen vier Leserbriefen kann ich nur zustimmen. Und die herausgestellte Überschrift „Der kleine Mann schätzt Biedenkopf sehr“ bestätigt unmittelbar die Einstellung die Herr Dr. Christof Ehrler in den letzten Zeilen seines Beitrags anprangert. Eine Regierung ist aber nun einmal für das Volk da. Wir Sachsen wissen, was wir an unserem Ministerpräsidenten hatten und haben und werden es unserem Oberhaupt selbst überlassen, wann er abtritt und wen er als seinen Nachfolger bestimmen wird.
Erika Mauksch 01217 Dresden
Umgekehrt: Biedenkopf brauchte Sachsen
Es scheint allgemein in Sachsen die Meinung zu herrschen, Biedenkopf sei für Sachsen ein Glücksfall gewesen nach der deutschen Wiedervereinigung. Aber ist es nicht viel mehr so, dass Sachsen Biedenkopf die einmalige Gelegenheit zum politischen Comeback geboten hat? Ohne Wiedervereinigung und ohne Sachsen wäre Biedenkopfs Politikerlaufbahn nach dem Zerwürfnis mit Altkanzler Kohl beendet geblieben. Wer also heute meint, ohne Biedenkopf wäre in Sachsen so wenig los wie in anderen ostdeutschen Regionen, der überbewertet die Möglichkeiten einzelner Personen, Wirtschaft zu befördern und ignoriert sowohl die historische Bedeutung Sachsens als bedeutendster Industrie- und Technologiestandort im 19. und 20. Jahrhundert bis 1945 als auch die Tüchtigkeit der Sachsen. Die Erfolgsgeschichte Sachsens nach 1990 ist doch nicht nur das Verdienst eines Ministerpräsidenten, sondern ist vielmehr der, wenn auch maroden, so aber noch vorhanden gewesenen Infrastruktur und dem technisch-wissenschaftlichen Potential seiner Bewohner zuzuschreiben. Siemens und AMD sind nicht wegen Biedenkopf nach Dresden gekommen, sondern weil hier Kapazitäten der Mikroelektronik und das wissenschaftliche Potential vorhanden und zu nutzen waren.
Als Nichtsachse kann ich nicht verstehen, wie die Mehrheit glauben kann, alles sei das persönliche Verdienst eines Einzelnen. Sonst sind die Sachsen ja auch nicht gerade bescheiden, sich ihrer „Helligkeit" zu rühmen. Nein, Herr Biedenkopf wusste genau warum er dem Ruf aus Sachsen folgte und nicht etwa dem aus Mecklenburg oder Thüringen.
Ohne die unbestrittene Kompetenz dieses Mannes schmälern zu wollen, es war sein Fehler, sich nicht konsequent genug gegen die Lobhudelei seiner Paladine und Höflinge gewehrt zu haben. Wer in Sachsen regiert, kann sich nicht wie ein Gast im Gästehaus der eigenen Regierung hofieren lassen, sondern der hat wie jeder andere auch seine privaten Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen und das um so konsequenter, je politisch bedeutender das Amt ist. Schade nur, sollte Sachsen und Ostdeutschland eine wichtige Stimme im Chor der Länder wegen solcher wirklich nicht notwendigen Lappalien verlieren.
Ich glaube nicht, dass Biedenkopf nach Sachsen gekommen ist, um König zu werden. Er wurde dazu von Leuten gemacht, die sich wohl immer noch nach einem König sehnen und er ist dem nicht entschieden genug entgegengetreten. Wenn dadurch die CDU in Sachsen nun die Führung verlieren sollte, müssen sich diejenigen dafür verantworten, die Herrn Biedenkopf allzu hoffärtig und kritiklos bejubelt haben, anstatt über künftige Personalien und personelle Alternativen nachzudenken. Peter Schewe, 01728 Bannewitz
Dieser Mann hat Sachsen zu Ansehen verholfen
Nur schweigend beobachten sollten die Sachsen die „Trüffelschlacht" gegen unseren Ministerpräsidenten. Ich kann mich nicht erinnern, zu den „Montagsdemos" allein gewesen zu sein. Auch jetzt sollten wir uns äußern. Einen Mann, der sich dem Land Sachsen unmittelbar nach der Wende zur Verfügung stellte, der es in den Jahren seiner Regierungstätigkeit vorwärts und auch außerhalb der Ländergrenzen zu Ansehen führte, jetzt wie einen Hund vor die Tür zu jagen dürfen wir nicht widerspruchslos hinnehmen! Wenn es etwas berechtigt zu prüfen und zu korrigieren gibt, dann wird sich das klären lassen - aber mit Anstand und Würde!
Der Ministerpräsident sollte diese Kampagne ein Zeichen dafür sein lassen, rechtzeitig einen würdigen Nachfolger, dem wir auch vertrauen können, für den Zeitpunkt des regulären Endes Ihrer Amtszeit einzuarbeiten, damit dieses wichtige Amt nicht von denen ausgeübt wird, die jetzt auf diese Art und Weise auf sich aufmerksam machen. Gewöhnlich ist das Gejammer erst groß, wenn das Kind bereits im Brunnen liegt - dann aber wird Herr Biedenkopf leider nicht mehr in Sachsen sein. Veronika Tautenhahn, 01277 Dresden
Von Ingrid Biedenkopf geht Liebe und Wärme aus
Über Ingrid Biedenkopf
Anlässlich des 70. Geburtstages von Frau Ingrid Biedenkopf möchte ich auf ihren wertvollen Dienst als Landesmutter in unserer Stadt hinweisen. Es war im Schloss Moritzburg 1998, als ich mit Verspätung zu einem Vortrag von Frau Biedenkopf eintraf. Als ich vom Sprechertisch aus entdeckt wurde, stand Frau Biedenkopf auf, kam auf mich zu, umarmte mich; danach hatten wir beide Tränen in den Augen.
Das war das erste Mal, dass ich diese Liebe und Wärme spürte, die von dieser Frau ausging Eine echte Landesmutter, dachte ich, eine Frau, die sich um die Not der Jugendlichen kümmert, die aktiv ist und sich dafür einsetzt. Und ich wusste, dass uns das von diesem Tage an verbunden hat - unsere Herzen trafen sich. Sie sprach ermutigende Worte für unsere Aufgabe im stoffwechsel e.V. Innerlich spürte ich eine Freude und Dankbarkeit. Die Landesmutter steht uns zur Seite, sie sagt ja zu unserer Aufgabe, welch ein Ansporn.
Mit absoluter Bestimmtheit kann ich sagen: Ohne die Unterstützung von Frau Biedenkopf wären wir in den verschiedenen Dienstzweigen unseres Vereins nicht an dem Punkt, an dem wir uns heute befinden. Durch die Begleitung von Frau Biedenkopf sind wir, meine Mitarbeiter und ich, immer wieder ermutigt worden. Dafür sind wir ihr von Herzen dankbar.
Versuchen wir das Gute in den Menschen zu sehen, erwecken wir es in ihnen, aber vielleicht auch in uns selbst. Was aus dem Herzen kommt spiegelt sich in unserem Leben wider. Die Bibel bestätigt diesen Grundsatz.
Sabine Ball stoffwechsel e. V., 01099 Dresden
Anderswo wird Debatte mit Kopfschütteln verfolgt
Als Leser der DNN verfolgen wir seit vielen Monaten die Auseinandersetzung um die Person Kurt Biedenkopf und die Nachfolge im Amt des Ministerpräsidenten. Die Leserstimmen in der letzten Wochenendausgabe veranlassen mich, ebenfalls mein Votum für unseren Ministerpräsidenten zum Ausdruck zu bringen. Die übergroße Mehrheit in Sachsen, die ihn mit Recht gewählt hat und mit seinen Leistungen für das Land durchaus zufrieden ist - mehr ist einfach nicht drin - , beteiligt sich nicht an dieser niveau- und würdelosen „Schlammschlacht". In anderen Bundesländern, die ich auf Reisen besuche, verfolgt man nur mit Kopfschütteln diese Debatte. Und man beneidet uns nahezu um einen so versierten und allgemein beliebten Landesvater. Keiner der Kritiker der anderen Parteien hätte es auch nur um einen „Deut" besser machen können. Die Verhältnisse sind eben nicht anders. Es ist einfach unwürdig, ihn mit „Lächerlichkeiten" zu Fall bringen zu wollen, wobei niemand fehlerlos und irrtumsfrei ist.
Ich bedaure, dass Kurt Biedenkopf sich nicht mehr für eine weitere Legislaturperiode zur Verfügung stellt Immerhin ist ja Adenauer auch mit 76 Bundeskanzler geworden. Aber wiederum verstehe ich ihn auch. „Undank ist eben der Welt Lohn...".
Günther Biermann, 01309 Dresden