ötv-magazin 6-7/2001, 22.07.2001
Geld und Macht
Haste mal 'ne Mark? Querblick von Peter Grohmann
Es geht um Geld. Der kleine Herr Berlusconi, lebhaft beglückwünscht von CDU/CSU, mit Sorgen gesehen vom Rest der Welt, ist zum großen Herrn geworden, der mit eisernem Besen kehren will. So schnell geht das, Herr Haider. Korruption und Misswirtschaft bekämpfen will er, wie Sie, aufräumen, hart durchgreifen, sagt er, wie Sie. Das hört man denn schon gern.
Dann schau'n wir halt mal - denn viel Zeit hat er nicht. Manchmal wechseln die Italiener ihre Regierungen schneller als die Socken. Und was das Aufräumen angeht und die Korruption: Silvio Berlusconi hat mehr Dreck am Stecken als Einfluss auf die Medien Italiens.
Die Vorreiter...
Aber die Mühlen der Justiz mahlen langsam auch bei uns: Nehmen Sie die Herren Kanther und Wittgenstein, die es nun hoffentlich erwischt. Der Prinz und der Schatzmeister als Betrüger -'beide exorbitante Vorreiter für Recht und Ordnung, müssen demnächst selbst beim Kadi vorreiten.
Manch anderer Tunichtgut kam mit seinen blauen Augen davon oder konnte per Anruf bei guten Freunden eben mal acht Millionen Mark einsammeln .
... für Recht und Ordnung
Und nun auch noch die Herren Landowsky und Biedenkopf. Der Berliner, ein harter Verfechter des Durchgreifens, hat sich danebenbenommen. Die Berliner reden freundlich von »Turbulenzen«, ausgelöst durch umstrittene Kredite der Berlin-Hyp an eine Immobilienfirma, die Herrn Landowsky sponserte. Teure Turbulenzen, die den Steuerzahler vier Milliarden Mark kosten werden. Mit frommen Augenaufschlag klopft man nun an die Tür von Schröder und Eichel. Vorsichtshalber meint der CDU-Finanzsenator Peter Kurth zu den vier Milliarden: »Mindestens.« Niemand fragt nach »höchstens«.
Ist ja auch egal - im neuen Deutschland kann weder ein Ex-Kanzler noch eine Hauptstadt pleite gehen, und auch durch Neuwahlen wird man den Super-Gau nicht »schönwählen« können - ganz abgesehen davon, dass auch der deutsche Wähler als Souverän gegebenenfalls beide Augen zudrücken oder gleich zu Hause bleiben wird. Freilich, dafür gibt's dann schlimme Schelte für den wahlmüden Staatsbürger.
Unter Tarif
Ganz anders liegt der Fall beim Professor aus der Dresdner Schevenstraße. Hier ist man von Haus aus an Dienstboten, Gärtner, Zimmermädchen und Köche gewöhnt.
Biedenkopf glaubt, glaubt man ihm, er werde unter Tarif bezahlt, und die Gattin Ingrid klagt gar über »Mietwucher«, den sie zu verhindern wusste.
Ist man umsonst Landesmutter? Dem freundlichen Herrn - der gern als König Kurt tituliert wird, mochte niemand wirklich an den Karren fahren. Bei kritischen Pressekommentaren, ist zu hören, gab's schon mal einen Anruf bei Herausgeber oder Chefredakteur, der König selbst am Apparat.
Karl Nolle, der SPD-Landtagsabgeordnete, war die Kassandra. Dem Druckereiunternehmer, der nicht von der Fährte lassen wollte, nimmt man nun das Aufdecken dubioser Vorteilsnahme fast übler als dem Verursacher. Die Summe des Vorteils: etwa eine Million.. Danke, Steuerzahler.
Wollen Schlussstrich
Ein Blick nach Bayern München, wo ein Untersuchungsausschuss über das 500-Millionen-Mark-Desaster der landeseigenen Wohnungs- und Städtebaugesellschaft LWS den Schlussstrich zog. Lang, lang ist's her. Inkompetenz und Großmannssucht - die Pleite ist untrennbar nicht nur Alfred Sauter, Aufsichtsratsvorsitzender der LWS und zum Rücktritt gezwungener CSU-Justizminister, sondern vor allem auch Edmund Stoiber anzulasten: Beste Voraussetzung für seine Kanzlerkandidatur, für Law and Order.
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Peter Grohmann, Jahrgang 1937, Dresden/ Stuttgart, Mitbegründer und Mitarbeiter verschiedener Kultur- und gewerkschaftlicher Initiativen, unter anderem Club Voltaire, Theaterhaus Stuttgart, Projekt AnStiftung Dresden. Schriftsteller und Kabarettist, gewerkschaftlich organisiert seit 1953 (ohne Schwerter und Nadeln).