Karl Nolle, MdL

Biko bei Aldi

 
Alltagstrott im Minimal-Markt: Ein älteres Ehepaar schlendert etwas lustlos durch die Regalreihen. Er schiebt den Wagen, sie gibt die Richtung vor. Kurzer Stopp beim Joghurt, sie sucht die Sorte aus, er legt sie in den Wagen. An der Fleischtheke darf er Serrano-Schinken aussuchen, den mag er so gern. Draußen auf dem Parkplatz muss der 71-Jährige die erworbenen Konsumgüter dann im Kofferraum verstauen - eigenhändig! Was für eine langweilige Geschichte - ginge es nicht um das Ehepaar Biedenkopf. Die beiden, so hat jetzt die Bild am Sonntag (BamS) in Wort und Bild enthüllt, sind ganz normale Menschen. Sie gehen zusammen einkaufen, teilen sich die Bratwurst, streiten über die Ordnung im Kühlschrank. Warum hat uns das keiner gesagt? Wer wäre denn auf die Idee gekommen, schmutzige Geschichten über Putzfrauen und Tüten tragende Bodyguards zu schreiben, hätten wir gewusst, dass Kurt Hans eigenhändig Einkaufswagen steuert. Aber erst jetzt, wo sein Abgang eingeläutet und er still von der Spiegel-Liste der wichtigsten Politiker verschwunden ist, breiten die Biedenkopfs ihr Privatleben vor uns aus. Seht her, rufen sie uns über die BamS zu, wir sind wie ihr. Kaufen Joghurt, schlucken Algenpillen ("Die halten fit") und "auch bei Aldi sind wir bestens bekannt". Er ist als Koch nicht zu gebrauchen, sagt sie. Und der Kühlschrank ist tabu für ihn, weil er immer alles umräumt. Sie ist treffsicherer in Geschmacksfragen, gibt er zu. Und in Sachen Gesundheit und Ernährung höre er "bedingungslos" auf sie. Anrührende Szenen eine Ehe vor dem politischen Ruhestand. "Wir erleben den beglückenden Prozess der Reprivatisierung unseres Lebens", doziert die Gattin des Professors. Der Umzug aus dem Gästehaus der Staatsregierung ins Privathaus nach Radebeul ist also ein Schritt in ein neues Leben. Vorhänge und Stoffe suchen sie gemeinsam aus und all so was. Die letzten Wochen sei er öfter einkaufen gewesen als in den gesamten letzten zehn Jahren, sagt Kurt Biedenkopf. Es gibt also doch ein Leben jenseits der Politik. Wir können beruhigt sein, was die private Zukunft der beiden angeht. Zwar gibt es nur wenige Menschen, "die wir als Freunde bezeichnen", aber die beiden haben ja sich - und den Einkaufswagen.
(Von Heinrich Löbbers)