Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 15.12.2001

Biedenkopf schließt raschen Rücktritt aus

Die Opposition wirft dem Ministerpräsidenten vor, gegenüber einem Landtagsausschuss gelogen zu haben.
 
Dresden – Die Opposition im sächsischen Landtag hat Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) am Freitag wegen seiner jüngsten Affären zum Rücktritt aufgefordert. Der Regierungschef wies das ebenso zurück wie auch die jüngsten Vorwürfe gegen ihn und seine Frau. Er werde den Zeitpunkt seines Rücktritts selbst wählen, sagte Biedenkopf am Rande der Landtagssitzung. Die Opposition wirft dem Ministerpräsidenten vor, gegenüber einem Landtagsausschuss gelogen zu haben. Zudem soll er einen Freund bei einer Investition zu Lasten des Freistaats begünstigt haben. Der CDU-Politiker bezeichnete die Vorwürfe als „ungehörig“.

„Jede Mark für Soziales“

Biedenkopf äußerte sich nach der Landtagssitzung auch zu Berichten über Sonderkonditionen und Rabatte bei Kaufhäusern, die er und seine Frau in Anspruch genommen haben. So bestätigte der Ministerpräsident, dass seine Frau bei der Firma Karstadt einen besonderen Rabatt für private Einkäufe gewährt bekomme. Ähnliche Preisnachlässe gebe es für sie wohl auch in anderen Häusern. Seine Frau habe ihr ganzes Leben lang, „von Anfang an“, überall nach Rabatten gefragt, erzählte Biedenkopf. Es käme aber „jede Mark, die wir dadurch gespart haben“ einem sozialen Zweck zugute. Da seine Frau darüber keine Bücher führe, lasse sich dies aber nicht nachweisen, sagte der Ministerpräsident und fügte hinzu: „Wir haben ein reines Gewissen“. „Das ist nicht zu unserer Bereicherung. Das haben wir nicht nötig.“ Er und seine Frau würden aus ihrem privaten Einkommen jährlich zwischen 10000 und 20000 Mark spenden. „Wir sind nicht von Geiz getrieben“, erklärte Biedenkopf in Bezug auf entsprechende Vorwürfe.

In der Landtagsdebatte sahen es PDS und SPD durch jüngst bekannt gewordene Schreiben als belegt an, dass Biedenkopf im Untersuchungsausschuss, der den Bau eines Behördenzentrums in Leipzig-Paunsdorf durch seinen engen Freund behandelt, gelogen hat. Biedenkopf habe sich von dem befreundeten Investor die Konditionen für das Projekt diktieren lassen, sagte André Hahn von der PDS-Fraktion. Der Ministerpräsident habe dies aber entgegen der Wahrheit im Untersuchungsausschuss bestritten. „Wer offenbar bewusst das Parlament belügt, hat das moralische Recht verwirkt, noch länger Ministerpräsident zu sein“, sagte Hahn. Für die SPD erklärte Fraktionschef Thomas Jurk, dass Biedenkopf in mehreren Fällen den Ausschuss belogen habe. Es sei nunmehr nachgewiesen, dass er einem befreundeten Investor zum Nachteil des Landes einen Vorteil verschafft habe.

Die Vorwürfe der Opposition basieren auf einem Schreiben des Investors, das in der damaligen Angelegenheit an den Ministerpräsidenten ging. Es wurde erst jetzt durch die Akten des Investors bekannt, ist aber in Biedenkopfs Staatskanzlei offenbar nicht aufzufinden. „Wir suchen danach“, sagte Biedenkopf dazu dem Landtag.
(von Jens Schneider)

Karl Nolle im Webseitentest
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