Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp, 10:56 Uhr, 30.12.2001

Biedenkopf stellt die Sinnfrage

Ministerpräsident gibt Spekulationen um baldigen Rücktritt neue Nahrung
 
-Von Karsten Frerichs-

Dresden (ddp-lsc). Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) gibt Spekulationen über einen baldigen Rücktritt neue Nahrung. «Die Dinge nähern sich einem Punkt, an dem man sich fragt, ob das alles noch Sinn macht», sagte er in einem Zeitungsinterview. Er werde in den nächsten Wochen darüber nachdenken und sich mit Freunden beraten, wie man erreichen kann, dass sich Sachsen weiter so gut entwickelt. Zugleich machte Biedenkopf in seiner Neujahrsansprache noch einmal deutlich, dass er in jedem Fall bis Ende nächsten Jahres sein Amt aufgeben wird.

Biedenkopf sagte der «Welt am Sonntag»: «Man sollte eine solche Aufgabe nicht länger machen als man es selbst für nötig hält." Er klebe nicht am Ministerpräsidentensessel. In den Affären um seine Person räumte der 71-Jährige Fehler ein. «Ich hätte mich wohl mehr um die Einzelheiten kümmern müssen», sagte er. Allerdings sei es eine «unglaubliche Boshaftigkeit, wie jetzt eine Meute über meine Frau herfällt». Das sei Rufmord.

Biedenkopf und seine Frau Ingrid nannten erstmals öffentlich Details zum umstrittenen Rabatt-Einkauf beim Möbelhaus Ikea. Nach ihrer Darstellung beruhte der Nachlass auf einer vorherigen Absprache mit dem Vize-Geschäftsführer der Dresdner Filiale. Dieser habe den Rabatt «auf Anfrage vorgeschlagen», sagte der Regierungschef. Seine Frau Ingrid betonte, sie werde weiterhin beim Einkaufen nach Rabatten fragen, um das dadurch gesparte Geld sozialen Zwecken zur Verfügung zu stellen.

In der Debatte um eine mögliche Einflussnahme der Biedenkopfs bei der Vermietung des Paunsdorf-Behördenzentrums in Leipzig sieht der Ministerpräsident keine neuen Erkenntnisse. Ihm wird vorgeworfen, zugunsten eines befreundeten Unternehmers Einfluss auf die Mietkonditionen beim Einzug von Landesbehörden genommen zu haben. Der Rechnungshof habe bereits 1997 bestätigt, dass dem Land kein Schaden entstanden sei, sagte Biedenkopf.

Dass zum Jahreswechsel 2002/2003 ein neuer Ministerpräsident zu den Sachsen sprechen wird, unterstrich Biedenkopf gleich zu Beginn seiner diesjährigen Neujahrsansprache. Er sagte: «Es ist heute das zwölfte Mal, dass ich zum Jahreswechsel zu Ihnen sprechen darf. Es ist heute, wie Sie wissen, auch das letzte Mal.» Die Ansprache wird am Montag um 18.50 Uhr im MDR-Fernsehen ausgestrahlt

Am 10. Januar muss der Ministerpräsident in der Paunsdorf-Affäre zu neuen Vorwürfen der Opposition vor dem Untersuchungssausschuss des Landtags Stellung nehmen. Der Verlauf der Sitzung gilt als Weichenstellung für die Entscheidung des 71-Jährigen über den Zeitpunkt seines Rückzuges.

(Weitere Quelle: Neujahrsansprache nach vorab veröffentlichtem Redemanuskript)

kfr/
301056 Dez 01

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