FAKTuell Online Zeitung, 27.12.2001
Offener Brief an Ministerpräsident Kurt Biedenkopf
Guten Tag, Herr Biedenkopf,
Ihr Regierungssprecher Michael Sagurna hat ja im letzten Vierteljahr vergeblich versucht einen Termin für uns auf die Reihe zu bekommen. Leider hat das nicht funktioniert. Obwohl er sich sichtlich bemüht hatte. Schade. Deshalb schreibe ich Ihnen heute. Das funktioniert immer. Wenn auch oft einseitig. Ein Kommunikationsangebot.
Sicher haben auch Sie die Feiertage genutzt, um sich einige Klarheiten zu verschaffen. Man konnte die letzten Monate Revue passieren lassen und seine Schlüsse daraus ziehen.
Mir blieb Ihr Weihnachtsgruß im Gedächtnis, den Radio Lausitz 107.6 ausgestrahlt hat; was natürlich nicht bedeutet, dass ich die Geschichten um Roland Ernst und Heinz Barth darüber vergessen habe; aber darauf kommen wir im Januar wieder. Lassen Sie mich hier Ihre Weihnachtsrede reflektieren.
Sie sprachen von schweren Zeiten, die wieder zu bewältigen wären; und dass es im nächsten Jahr noch etwas schlechter laufen würde als bisher. Von der Solidarität sprachen Sie, die daraus sicher erwachsen würde. Denn in Solidarität sind wir hier, östlich der Elbe, ja über die sogenannte Wende hinaus geübt.
Und dann, da habe ich wirklich gestutzt, beriefen Sie sich darauf, dass das ja alles schon einmal vor ein paar Jahren funktioniert habe. So um 1994, wenn ich mich recht an Ihre Rede erinnere. Was mich wirklich erstaunt hat, war, dass Sie tatsächlich zu glauben scheinen, dass hier irgendwas funktioniert hätte...
...hier in der Lausitz.
Sonst hätten Sie ja wohl nicht diesen "Gruß" über Radio Lausitz veröffentlicht.
Lieber Herr Biedenkopf, ich denke, Sie sollten Leuten wie Herrn Schommer und Herrn Vehse nicht so blind vertrauen. Das sind doch im wesentlichen die, denen Sie die Wirtschaftsentwicklung anvertraut haben!? Wissen Sie was - die nehmen Sie auf den Arm!!!
So wie Ihre Freunde Barth in Leipzig und Ernst in Dresden das erfolgreich getan haben.
Die einzige positive Entwicklung in der Lausitz seit Sie die Regierungsverantwortung tragen sind die im Bündnis-Grünen-Sinn entstandenen blühenden Landschaften. Rein unter ökologischen Gesichtspunkten ist die Lausitz eine lebenswerte und lebendige Landschaft geworden. Wir haben hier sogar wieder Elche und Wölfe, die sich die zwangsweise aufgegebenen Gebiete wieder aneignen. Die Menschen leben gerne hier, und würden das sicher auch in Zukunft gerne tun. Wenn nur irgendwer die Frage beantworten würde: Wovon???
Eigentlich gibt es nur zwei Möglichkeiten, wenn Ihre Sorge für die Region ernst gemeint ist:
1. Sie entfernen all die Nullen aus den maßgeblichen Positionen, die diese ganze Situation zu verantworten haben. Schließlich sind die ja maßgeblich daran Schuld, dass Ihr Ruf so sehr gelitten hat. Jeder schiebt Ihnen die Verantwortung zu - weil sie die Richtlinienkompetenz besitzen.
Es sind Ihre Beamte, Ihre Minister und Ihre Staatssekretäre, die das Land heruntergewirtschaftet haben. In Ihrem Namen!
2. Wenn Sie sich der Sache nicht mehr gewachsen fühlen, vielleicht aus Altersgründen, dann schmeißen sie doch den ganzen Laden hin. Setzen Sie sich zur Ruhe, und geben die Verantwortung an jemanden ab, der sich der Herausforderung stellen...
...oder einfach auch mal so einen gut dotierten Posten haben will.
Zugegeben, von denen, die sich darum bewerben, macht auch keiner den Eindruck, als ob er wirklich etwas ändern könnte. Einige wollen es noch nicht einmal. Und den Eggert wollen viele nicht, weil der eine eigene Meinung hat, und die, ohne Rücksicht auf Verluste, auch noch öffentlich.
Mal ein kleiner Tipp, auch wenn viele Ihrer Parteifreunde glauben, dass wir nur die Roten beraten:
Einen gab es in Ihrer Mannschaft, der die richtigen Schlüsse aus Ihrer Politik und dem, was Schommer, Vehse und Konsorten daraus gemacht haben, gezogen hat. Einer, der gesehen hat, wie die Wirtschaft in der Lausitz ausradiert wurde. Einer, der genau gesehen hat, wie dadurch die Finanzkraft der Region in Richtung Null gesteuert wurde. Einer, der vorgebaut hat. Einer, der genau sah, dass sich spätestens 2004 nur noch maximal 10% der Lausitzer ein Auto leisten werden, auch wenn es sich nur noch 3% leisten können.
Diesen Mann sollten sie reaktivieren und zu Ihrem Nachfolger bestimmen! Der hat wesentliche Entwicklungen für den Naturpark Lausitz vorausgesehen und vorweggenommen.
Na, schon erkannt wer dieser innovative Denker unter Ihrer Herrschaft gewesen ist?
Richtig! Helmut Weidelener!!!
Der Mann, der eines der größten deutschen Radwegenetze gebaut hat. Der einzige Aufbau-Ost, der in der Lausitz funktioniert hat!
Und nicht nur weil Radfahrer alleine in der Dresdner Regierungsfraktion die am häufigst vertretene Spezies sind. Wer wäre besser für Ihre Nachfolge geeignet?
Mit Lausitzgrüßen
Ihr
Chris W. Lenz, FAKTuell
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