Freie Presse, 09.01.2002
Fraktion erfährt Mittwoch Rücktrittstermin
Biedenkopf will keinen Einfluss auf Nachfolge nehmen - Flath: Berliner Verhältnisse vermeiden
DRESDEN. Am kommenden Mittwoch wird Kurt Biedenkopf Klarheit schaffen: Vor der CDU-Fraktion will Sachsens Ministerpräsident den Termin seines Rücktritts bekannt geben. Dies sei das Gremium, das einen Nachfolger wählen müsse, sagte Biedenkopf gestern vor der Presse. Zuvor hatte er sich über seinen Zeitplan mit dem Kabinett abgestimmt. Die Diskussion sei von großem gegenseitigen Vertrauen bestimmt gewesen, berichtete der Regierungschef.
Er habe in den vergangenen Jahren darüber nachgedacht, „was das Beste" für den Freistaat ist, sagte Biedenkopf. Wer aus seiner Sicht „der Beste" ist, das ließ er ebenso offen wie das exakte Abschiedsdatum. Wesentlich verkürzen werde sich der ursprünglich avisierte Zeitpunkt, der gegen Jahresende liegen sollte. Und so gern er Einfluss genommen hätte, so tapfer behauptete Biedenkopf das Gegenteil: „Es ist nicht die Aufgabe eines scheidenden Ministerpräsidenten, über einen Nachfolger zu bestimmen."
Einen Konsens in der Hochschulfrage herbeizuführen: Das ist das Ziel, das der Sachsen-Regent vor dem Auszug aus der Staatskanzlei vor den Medien verkündete. Zügig könne der Vertrag zum Abschluss gebracht werden, zeigte sich Biedenkopf optimistisch - vielleicht bis Ende März? - Eine Verquickung mit dem Termin seines Abdankens wollte er nicht zulassen. Jetzt will er Einzelgespräche führen, sicher nicht in der Hochschulproblematik. Es geht um die Geschlossenheit der sächsischen Union. Die müsse wieder zusammenfinden und neue Kräfte mobilisieren.
Sachsens CDU müsse alles tun, damit ihr erspart bleibe, was derzeit in Berlin passiere, nämlich eine rotrote Koalition, sagte Landwirtschaftsminister Steffen Flath. Das Kabinett habe Biedenkopf den Rücken gestärkt, in freier Entscheidung seinen Zeitplan der Fraktion mitzuteilen. „Unser Ziel kann nur sein, in einem geordneten Verfahren den Übergang zu regeln und zwar mit Biedenkopf", fügte der CDU-Vize an.
Er werde sich auch künftig für Sachsen einsetzen, versicherte gestern Biedenkopf, nachdem er in einem Interview Zweifel ausgelöst hatte. Auf absehbare Zeit werde er sein Abgeordneten-Mandat wahrnehmen und auch in Radebeul seinen Wohnsitz behalten. SPD-Fraktionschef Thomas Jurk wiederholte gestern seine Vorstellung, die CDU könne nach Biedenkopfs Rücktritt an Neuwahlen interessiert sein. Die glatte Absage seiner eigenen Landesvorsitzenden Constanze Krehl und selbst der größten Oppositionsfraktion, der PDS, konnten ihn von dieser Forderung nicht abhalten.
(Hubert Kemper)