Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 17.01.2002

Rücktritt angekündigt und CDU beschimpft

Biedenkopf will noch drei Monate Regierungs-Chef bleiben
 
DRESDEN - Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) tritt zum 18. April zurück, so dass der Landtag in seiner Sitzung an diesem Tag den Nachfolger wählen kann. Seine Ankündigung verband er gestern mit einer regelrechten Kriegserklärung an den CDU-Landesvorsitzenden Georg Milbradt und die gesamte Sachsen-CDU. Milbradt zeigte sich entschlossen, die Nachfolge anzutreten.

Es war ein Medienereignis wie an einem Wahltag. ARD, ZDF, MDR und Phoenix waren gleich mit mehreren Fernseh-Teams angerückt. Sie postierten sich im Presseraum des Landtags und vor dem Sitzungssaal der CDU-Fraktion, wo Biedenkopf seine Erklärung abgab.

Der Anfang war protokollarische Routine: Er habe sich mit Kabinett, Familie und Freunden besprochen. Er ziehe den ursprünglich für Ende des Jahres geplanten Rücktritt auf April vor, damit die neue Regierung bereits den Doppelhaushalt 2003/04 ausarbeiten könne. Er wolle am Tag zuvor, dem 17. April, im Landtag noch Bilanz über seine elfeinhalbjährige Regierungszeit ziehen.

Seine Skandale des vorigen Jahres erwähnte er nur indirekt: Er dankte der Fraktion für die Solidarität gegenüber „bundesweiten Kampagnen".

Aber dann brachte es Biedenkopf knüppelhart. Er beschwerte sich über Milbradt, dass der es im Dezember gewagt habe, ihm einen baldigen Rücktritt nahe zu legen: „Ein einmaliger Vorgang!"

Dann beschimpfte er die Sachsen-CDU, weil sie sich nicht mit der Entlassung Milbradts als Finanzminister vor knapp einem Jahr abfinden wollte. Dass die Partei den gefeuerten Milbradt dann auch noch zu ihrem Vorsitzenden gemacht hatte, sei ebenfalls „einmalig in Deutschland", klagte der Düpierte.

Mit einem Schuss Ironie wurde er gefragt, ob er das als Beitrag zur Einigkeit der Partei ansehe. Biedenkopfs Antwort klang wie eine Drohung: „Das hängt von den weiteren Beschlüssen der Partei ab." Aber an einen Austritt denke er nicht, falls Milbradt nun auch zu seinem Nachfolger nominiert werden sollte. Fraktions-Chef Fritz Hähle wirkte an einer Stelle ein bisschen mäßigend. Auf die Frage, ob er nun in dessen Fußstapfen treten und ebenfalls gegen Milbradt zu Felde ziehen wolle, versicherte Hähle: „Es geht nicht darum, irgend jemanden zu verhindern."

Überraschend ließ Biedenkopf gestern offen, ob er sein Landtagsmandat nach dem
Rücktritt weiter wahrnehmen werde. Die Entscheidung werde er später treffen, sagte er. Bisher hatte er regelmäßig versichert, die Aufgabe fortzuführen.
(Stefan Rössel)

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: