Sächsische Zeitung, 18.01.2002
Presseecho zum Thema Biedenkopf
Pressestimmen
"Algemeen Dagblad" aus Den Haag:
Anfänglich waren viele Ostdeutsche begeistert von diesem„Wessi". Er gab ihnen Selbstvertrauen und ermunterte sie, sich nicht als Bürger zweiter Klasse behandeln zu lassen. Aber allmählich schlugen Bewunderung und Hochachtung in Hass und Verachtung um. Der tiefe Fall dieses fähigen Politikers erinnert an den tragischen Abgang von Alt-Bundeskanzler Kohl, der ebenfalls nicht wusste, wann er zu gehen hatte.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung":
Wenn er sich schon eine Hofhaltung leistete, dann hätte dazu zwingend auch ein Hofnarr gehört - einer, der seinem Herrn den Spiegel hätte vorhalten und ihn auf den Boden der Tatsachen zurückbringen können. Der hätte ihm schon vor zwei Jahren gesagt, dass es nicht gut sei, der
CDU weiter einen Landesvorsitzenden Hähle aufzuzwingen; er hätte ihn davor bewahren können, seinen Kronprinzen Milbradt zu verjagen.
„Frankfurter Rundschau":
Biedenkopf hat all jene bestätigt, die in ihm immer einen kalten Verstellungskünstler sahen, einen arroganten Egozentriker, maßlos, eitel und ohne ein Fünkchen Selbstkritik; der überhaupt nicht begriffen hat, welches späte Glück ihm in Sachsen und durch die Sachsen widerfahren ist. Der es nicht ertragen kann, dass Milbradt nicht kuschte, sondern sich gegen den Willen des Allmächtigen zum CDU-Vorsitzenden wählen ließ.
"Süddeutsche Zeitung" aus München:
Der Abgang dieser Symbolfigur markiert das Ende der Aufbaujahre im Osten. Für Biedenkopf lässt
sich nach dem gestrigen Mittwoch schon jetzt sagen, dass er einen erschreckend destruktiven Abschied hingelegt hat - eine für ihn würdelose Politik der verbrannten Erde gegenüber seiner CDU und gegenüber Sachsen.
"Berliner Zeitung":
Biedenkopfs Abgang ist ein Lehrstück über die Unfähigkeit großer Politiker, zum richtigen Zeitpunkt von der Bühne abzutreten. Seine Verdienste um den Aufbau des Freistaates sind unbestritten. Doch er konnte, bestärkt von seiner Frau, nicht loslassen.
„Der Tagesspiegel":
Berlin. Seine Amtszeit endet mit einer Kette von Peinlichkeiten, wie zuletzt den Ikea-Rabatt-Vorwürfen, und in einem von außen kaum noch nachvollziehbaren; kleinlichen und unsauberen Machtkampf mit Georg Milbradt, der Nachfolger werden wollte - und es nun wohl auch wird. Denn wer von außen möchte jetzt das sächsische Tollhaus betreten? Die Erfolgsgeschichte der sächsischen Union dürfte freilich beendet sein. Beendet durch den beispiellosen personalpolitischen Amoklauf zweier Politiker, die einmal als nicht immer harmonisches, aber gutes Team galten.
„Freie Presse" aus Chemnitz:
Die Kampagnen der CDU-Führung, um Biedenkopf zu demontieren, haben die breite Mehrheit der Bevölkerung tief aufgewühlt. Die Umfragen sind deshalb ganz eindeutig. Weil Biedenkopf vor allem auch das Selbstbewusstsein und den Stolz der Sachsen gestärkt hat, begreifen viele seine Beschädigung und den erzwungenen vorzeitigen Rückzug als Angriff auf sich selbst.
(Sächsische Zeitung)