Dresdner Morgenpost, 19.01.2002
Biedenkopf schickte CDU in die Nachfolge-Sackgasse
Biedenkopf gegen Milbradt
DRESDEN. In der Sachsen-CDU sind die Freunde von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf bei der Suche nach einem alternativen Nachfolge-Kandidaten in die Sackgasse geraten. Sie finden keinen. Bislang steht der CDU-Landesvorsitzende Georg Milbradt allein als Bewerber.
Der Fraktionsvorsitzende Fritz Hähle hatte von einem „dringenden Wunsch in Partei und Fraktion" nach einem anderen Kandidaten gesprochen. Aber der war gestern nicht in Sicht. Hähle vermittelte sogar den Eindruck, als wäre die Suche aussichtslos.
Gegenüber der Morgenpost klagte er über eine Atmosphäre der Angst: Er wünsche sich eine Situation, in der ein Alternativkandidat ohne die Furcht antreten könne, im Falle einer Niederlage alles zu verlieren.
Er wollte dies ausdrücklich nicht auf bestimmte Personen beziehen. Allerdings könnte es präzise auf Finanzminister Thomas de Maizière zutreffen. Der ließ als Einziger auch gestern eigene Ambitionen offen. In der Fraktion wurde allerdings spekuliert, er wäre mit Sicherheit „weg vom Fenster", wenn er gegen Milbradt antreten und verlieren sollte. Dann könne er auch das Ministeramt vergessen.
Verbreitet Milbradt also Angst und Schrecken in der Partei? Der Morgenpost sagte er konkret zu so einem Fall: „Ich bin doch nicht nachtragend."
CDU-Generalsekretär Hermann Winkler wies darüber hinaus auf die Einigung mit Umweltminister Steffen Flath hin, als der gegen Milbradt um das Amt des CDU-Landes-Chefs kandidiert hatte. Sie hatten sich gegenseitig Unterstützung für die Zeit danach versichert. Tatsächlich wurde Flath Milbradts Stellvertreter und das Ministeramt gilt ihm unter einem Regierungs-Chef Milbradt als sicher.
Biedenkopf hätte demnach mit seinen Attacken gegen Milbradt bei der Ankündigung seines Rücktritts zum 18. April Partei und Fraktion in größte Not gebracht. Er beschädigte den einzigen Kandidaten, um ihn möglichst zu verhindern, aber ohne Alternative in der Hinterhand.
Dennoch zweifelten wichtige CDU-Abgeordnete gestern, dass Milbradt in der Fraktion schon eine Mehrheit hätte. Sein eigenes Lager sprach jedoch davon, dass sich die Stimmung für ihn positiv gewendet habe.
(Stefan Rössel)