Freie Presse Chemnitz, 27.01.2002
Alles spricht für Milbradt, aber nicht alle sprechen für ihn
Sachsens CDU will auf Sonderparteitag am 9. März Biedenkopf-Nachfolger bestimmen - Anstöße von Hähle und Flath
DRESDEN. Die sächsische CDU wird auf einem Sonderparteitag am 9. März im ehemaligen Terminal II des Dresdner Flughafens ihren Kandidaten für die Nachfolge von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf wählen. Einziger Bewerber für dieses Amt ist derzeit Georg Milbradt.
Der Ex-Finanzminister zeigte sich am Samstag im Anschluß an eine Sitzung des Landesvorstandes zuversichtlich, bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten am 18. April die erforderliche Zahl von 61 Abgeordneten-Stimmen zu erhalten. Er sei nicht auf der Suche nach Mehrheiten, die CDU habe die Mehrheit.
Strittig ist in der Union die Frage, ob die Landtagstagsfraktion an das Votum des Parteitages gebunden ist. Fraktionsvorsitzender Fritz Hähle steht einem Auftrag der Partei an die Fraktion ablehnend gegenüber. Nach der Verfassung seien die Abgeordnete nur ihrem Gewissen und ihrer Überzeugung verpflichtet, was nicht ausschließe, dass es ein Gebot der politischen Klugheit sei, einem Mehrheitsbeschluss zu folgen, sagte Hähle. Es sei nun Milbradts Aufgabe, die Fraktion „in diesen Meinungsbildungs-und Überzeugungsprozess einzubinden und nicht mit Winkelzügen Leute hinter sich zu bringen“.
Milbradt kontert Fragen nach seiner Position in der Fraktion äußerlich gelassen. „Alle haben diesem Verfahren zugestimmt, und ich gehe davon aus, dass die Fraktion die Kraft hat, das umzusetzen.“ Obwohl mit der Absage von Finanzminister Thomas de Maiziere an eine Gegenkandidatur der Weg für Milbradt frei zu sein scheint, hält in der CDU die Diskussion über eine personelle Alternative an. Unions-Vize Steffen Flath sieht noch nichts entschieden. „Einigen Fraktionsmitgliedern wird es schwer fallen, einen Parteitagsbeschluss zu akzeptieren“, gibt er die Stimmung wieder. Deswegen sei es wichtig, „das Verfahren offen zu halten und Kritiker vor dem Parteitag in die Diskussion einzubringen.“
Ministerpräsident Kurt Biedenkopf fehlte am Samstag in der Landesgeschäftsstelle. Er will sich aus allen öffentlichen Debatten um seine Nachfolge heraushalten. Biedenkopf, der am Montag in kleinem Kreis seinen 72. Geburtstag feiert, wird Milbradt jede Unterstützung bei seinen Karriereplänen versagen.
Die CDU wird am 9. März außerdem ihre Kandidaten für die Bundestagswahl nominieren.
(Von Hubert Kemper)