Lausitzer Rundschau, 22.06.2001
CDU erklärt Gästehaus-Affäre für beendet
Opposition bemängelt Stillstand der Regierung / Nolle erhebt neue Vorwürfe
DRESDEN. Die CDU-Landtagsfraktion betrachtet die Gästehaus-Affäre um Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) als beendet.
Fraktionschef Fritz Hähle sagte gestern im Landtag, der Ministerpräsident habe die Nachzahlungsforderung des Finanzministeriums in Höhe von 123 000 Mark akzeptiert und das Geld überwiesen. Berechnungen des Landrechnungshofes, wonach Biedenkopf zwischen 300 000 und 500 000 Mark zurückzahlen müsste, bezeichnete Landwirtschaftsminister Steffen Flath (CDU) als nicht sachgerecht. Auch Biedenkopf selbst hält die Vorwürfe wegen seiner Wohnverhältnisse für entkräftet.
Die Opposition jedoch sieht weiteren Aufklärungsbedarf. Zugleich warfen SPD- und PDS-Fraktion der Staatsregierung Untätigkeit vor. Der SPD-Abgeordnete
Karl Nolle sagte, er werde bei der Aufklärung nicht locker lassen. Er werde den Eisberg abtragen, dessen Spitze gerade zu sehen sei. Zugleich warf Nolle die Frage auf, ob es stimme, dass Biedenkopf und seine Frau Ingrid "ihre Steuern nicht in Sachsen, sondern in Düsseldorf" zahlen.
Die Vorwürfe stammten aus "bestens informierten CDU-Kreisen". Die Staatskanzlei wies den Verdacht jedoch zurück. Der anfallende Lohnsteueranteil für die Bezüge des Ministerpräsidenten werde an das Finanzamt in Dresden abgeführt, erklärte der stellvertretende Regierungssprecher Hartmut Häckel. Das betreffe auch die Diäten Biedenkopfs.
Der parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion, André Hahn, bezeichnete das Agieren der Staatsregierung in der Gästehaus-Affäre als dilettantisch. "Das Krisenmanagement war erbärmlich." In jedem anderen Bundesland hätte der Ministerpräsident schon längst zurücktreten müssen. Hahn warf Biedenkopf vor, bislang keine Rechenschaft gegenüber dem Parlament abgelegt zu haben.
Landwirtschaftsminister Steffen Flath (CDU) wies die Berechnungen des Landesrechnungshofes als zu hoch zurück. Er räumte aber ein, dass die Rechnungsprüfer zurecht die Wirtschaftlichkeit des Gästehauses in Frage gestellt haben. Klar sei auch, dass es "erkennbare Versäumnisse gegeben hat". Flath kündigte eine kurzfristige Entscheidung über die Zukunft des Hauses an. "Höchstwahrscheinlich" werde das Gästehaus aufgegeben.
Biedenkopf kritisierte den Präsidenten des Rechnungshofes, Hans-Günther Koehn. Dieser habe vor der Presse die Nachzahlungen von mehreren hunderttausend Mark ins Gespräch gebracht. Doch werde diese Summe im Bericht der Behörde nicht erwähnt. Biedenkopf bemängelte zudem, dass an den Prüfungen ein Mitarbeiter des Rechnungshofes beteiligt gewesen sei, der früher in der Staatskanzlei beschäftigt war.
SPD-Fraktionschef Thomas Jurk erklärte, die Politik der Staatsregierung insgesamt sei "zum Stillstand gekommen". Nach Ansicht von PDS-Fraktionschef Peter Porsch sind die Staatsregierung und die CDU in Sachsen in einer tiefen Krise. Er erneuerte sein Angebot, bei der Bewältigung der Regierungskrise zu helfen. Es gehe um das Land und nicht um die Hochhaltung eines "Möchtegern-Königs".
(Susann Fischer)