Südkurier, 26.05.2001
Chronologie der Affäre
CHRONOBIEDE
DRESDEN. Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) sieht sich seit Wochen zunehmenden Vorwürfen der persönlichen Vorteilsnahme im Amt ausgesetzt. Er geriet wegen Mietkonditionen für seine Amtswohnung, die er seit 1990 bewohnt, in das Kreuzfeuer der Kritik.
2. April: Die "Dresdner Morgenpost" veröffentlicht erstmals den Vorwurf, dass Biedenkopf auf Kosten des Freistaates Bedienstete in seiner Amtswohnung im Regierungs-Gästehaus beschäftigt.
3. April: Die Staatsregierung weist Unregelmäßigkeiten bei den Wohnverhältnissen Biedenkopfs zurück und erklärt, die Beschäftigung des Personals sei durch den Mietvertrag gedeckt.
4. April: Das Finanzministerium veröffentlicht Einzelheiten zu Mietkonditionen des Gästehauses und rechtfertigt den Quadratmeterpreis von 8,15 Mark.
6. April: Der Landtag befasst sich erstmals in einer kontroversen Debatte mit der Mietaffäre. Staatsregierung und CDU sprechen von einer infamen Kampagne.
10. April: Die Staatsregierung kündigt nach anhaltender öffentlicher Kritik einen Bericht über Nutzung und Verwaltung des Gästehauses an, obwohl der Rechnungshof parallel dazu prüft.
20. April: Der Dresdner Rechtsanwalt Michael Sturm stellt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung Strafanzeige gegen Biedenkopf. Der SPD-Landtagsabgeordnete
Karl Nolle reicht Klage beim Leipziger Verfassungsgericht ein, weil seine Anfragen an die Regierung nur unzureichend oder falsch beantwortet worden seien.
2. Mai: Die Regierung legt ihren Bericht zum Gästehaus vor. Laut Gutachten soll Biedenkopf für private Dienstleistungen rund 23 000 Mark nachzahlen. Überraschend kommt der Bericht weiterhin zu dem Schluss, dass der Regierungschef für seine Wohnung im Gästehaus knapp 17 000 Mark zu viel Miete und Be~triebs~kos~ten gezahlt hat. Es werden Fehler bei der Verwaltung des Gästehauses eingeräumt.
4. Mai: Die Staatskanzlei gibt bekannt, dass bisher vermisste Akten gefunden wurden. Dabei handelt es sich um eine Mitteilung des Landesrechnungshofes aus dem Jahr 1994, in der auf Probleme beim Betrieb des Gästehauses aufmerksam gemacht worden war.
8. Mai: Biedenkopf schließt einen Rücktritt aus, spricht von Fehlern in der Landesverwaltung und weist eine Einflussnahme auf den Mietvertrag zurück.
9. Mai: Die SPD-Fraktion schlägt vor, einen Untersuchungsausschuss zu Biedenkopf einzusetzen.
10. Mai: Die Staatskanzlei bestätigt, dass es im Auftrag von Biedenkopf 1997 Mietverhandlungen gab. Dabei waren die zu berechnende Wohnungsgröße und der Quadratmeterpreis heruntergehandelt worden.
12. Mai: Der "Spiegel" berichtet, Biedenkopf habe sich im September 1999 von einem befreundeten bayerischen Bauunternehmer zu einem Gratisaufenthalt auf einer Luxusyacht in Monte Carlo einladen lassen. Biedenkopf dementiert eine Verbindung zwischen der privaten Reise und den Geschäften des Unternehmers in Sachsen.
14. Mai: Biedenkopf schließt erneut seinen Rücktritt aus und sieht sich einer Kampagne ausgesetzt, die auf die Zerstörung seiner Persönlichkeit ziele.
16. Mai: Sondersitzung des Landtages. Mit Stimmen der CDU-Mehrheit lehnt das Parlament einen PDS-Antrag ab, mit dem Biedenkopf zum Rücktritt aufgefordert werden sollte. Die PDS erklärt, sie wolle demnächst ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Biedenkopf anstreben.
(dpa)