Frankfurter Rundschau, 22.06.2001
Biedenkopf soll mehr zahlen
Sachsens Opposition hält Mietaffäre nicht für ausgestanden
DRESDEN. Für die Opposition im sächsischen Landtag ist die Mietaffäre von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) nicht beendet. Der PDS-Politiker André Hahn sagte am Donnerstag während einer aktuellen Stunde, die vom Finanzministerium festgelegte Schadenssumme von 122 000 Mark reiche nicht aus.
Biedenkopf hatte diesen Betrag kürzlich auf ein Verwahrkonto des Landes gezahlt, nachdem festgestellt worden war, dass er jahrelang Dienstpersonal in seinem Urlaubshaus am Chiemsee eingesetzt hatte. Auch musste der Ministerpräsident für Privatfahrten seiner Frau mit Dienstfahrzeugen sowie die Unterbringung einer Wahlkreismitarbeiterin im Gästehaus der Landesregierung zahlen.
Nach Auffassung der Opposition müsste Biedenkopf jedoch den drei- bis vierfachen Betrag erstatten. "An einer vollständigen Rückzahlung der vom Rechnunghof fixierten Summe führt kein Weg vorbei", sagte Hahn. Rechnungshofpräsident Hans-Günther Koehn hatte kürzlich erklärt, es gehe um eine Schadenssumme von 80 000 bis 100 000 Mark pro Jahr seit mindestens 1997. Der SPD-Politiker
Karl Nolle, der mit Landtagsanfragen die Unregelmäßigkeiten in Biedenkopfs Dienstvilla aufgedeckt hatte, sagte: "Es sind von Biedenkopf, günstig gesprochen, über 500 000 Mark nachzuzahlen."
Der CDU-Abgeordnete Heiner Sandig verteidigte Biedenkopf und warf Opposition und Presse vor, den Ministerpräsidenten und dessen Familie ins Zwielicht bringen zu wollen. Da man Biedenkopf mit Wahlen nicht wegbekomme, solle er nun weggeekelt werden, sagte Sandig.
Umweltminister Steffen Flath (CDU) erklärte für die Landesregierung, dass das Gästehaus im Villenstadtteil Loschwitz, in dem Biedenkopf seit elf Jahren wohnt, nach dessen Auszug "höchstwahrscheinlich" aufgelöst werde.
(Bernhard Honnigfort)