Süddeutsche Zeitung, 11.04.2001
Biedenkopfs Mietkosten werden überprüft
Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Staatskanzlei und Finanzministerium soll auch die Dienstleistungen des Hauspersonals untersuchen.
In der Affäre um die Kosten für den Wohnsitz des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) soll nun eine Arbeitsgruppe klären, ob die Mieten und Betriebskosten angemessen sind. Der Chef der sächsischen Staatskanzlei, Georg Brüggen, rief diese Arbeitsgruppe am Dienstag in Abstimmung mit Biedenkopf ins Leben.
Sollte ihr Bericht ergeben, dass im Zusammenhang mit dem Wohnsitz der Eheleute Biedenkopf „von irgendjemandem Leistungen ohne die gebotene Gegenleistung“ in Anspruch genommen wurden, werden laut Brüggen Nachzahlungen fällig. Brüggen wollte auf Nachfrage nicht mehr ausschließen, dass in dieser Angelegenheit von Seiten der Staatskanzlei gravierende Fehler gemacht wurden. Er könne dies aber auch nicht bestätigen, erklärte der Chef der Staatskanzlei.
Die Eheleute Biedenkopf leben seit 1990 in Dresden in einem Gästehaus der Landesregierung. Ihnen wird von der Opposition vorgeworfen, dass sie dort deutlich zu wenig Miete zahlen und vor allem die Dienste des umfangreichen Hauspersonals ohne angemessene Gegenleistung in Anspruch nehmen.
Auch unabhängige Gutachter beteiligt
Die Arbeitsgruppe soll aus je einem Mitarbeiter der Staatskanzlei und des Finanzministeriums bestehen und von der stellvertretenden Regierungspräsidentin Dresdens geleitet werden. Auch unabhängige Gutachter sollen einbezogen werden.
Nach einem „ausführlichen Bericht“ dieser Arbeitsgruppe sollen laut Brüggen „keine offenen Fragen“ mehr bleiben. So soll auch geklärt werden, welche Gäste seit 1990 für welchen Zeitraum im Gästehaus an der Schevenstraße 1 untergebracht waren, wo die Biedenkopfs nach der Wende zunächst gemeinsam mit Ministern und anderen Regierungsmitgliedern lebten.
Der Ministerpräsident und seine Frau logieren dort heute in einer Einliegerwohnung. Auch der Justizminister Kolbe und ein Staatssekretär leben in dem Gästehaus.
Vorwurf: Bedienstete auch privat genutzt
Sämtliche Umstände der Vermietung und auch der Nutzung von Dienstleistungen von Koch, Putzfrau, Gärtner und weiterem Hauspersonal sollen geklärt werden. Die Gruppe soll auch untersuchen, zu welchen Konditionen enge Verwandte vor allem der Ehefrau des Ministerpräsidenten im Gästehaus logierten.
Ebenso soll der Frage nachgegangen werden, wann und aus welchem Anlass die Biedenkopfs ihr Hauspersonal – etwa den Koch – in ihrem Privathaus am Chiemsee einsetzten. Der Bericht soll Anfang Mai dem Haushalts- und Finanzausschuss des sächsischen Landtags und der Öffentlichkeit vorgelegt werden.
Die Affäre um Biedenkopfs Wohnsitz hat bereits neue Verwerfungen in der sächsischen CDU ausgelöst. Dem von Biedenkopf unlängst entlassenen Finanzminister und stellvertretenden Parteivorsitzenden Georg Milbradt – einem seiner potenziellen Nachfolger – ist aus Parteikreisen vorgeworfen worden, er sei der Urheber der Berichte über Biedenkopfs Wohnsitz. Nach Kontroversen innerhalb der Landtagsfraktion gab es am Freitag ein vertrauliches Gespräch von Biedenkopf und Milbradt.
(Von Jens Schneider)