Sächsische Zeitung, 07.04.2001
Sächsisch betrachtet - von Steffen Klameth
War's der Gärtner?
DRESDEN. Es gibt Fragen, auf die selbst Regierungssprecher keine Antwort haben. Etwa die fol-gende: Wie groß ist die Amtswoh-nung des sächsischen Ministerprä-sidenten? Michael Sagurna kramte zunächst in seinem Gedächtnis und erinnerte sich an eine „kleine Bude", gerade mal vier Zimmer und keine hundert Quadratmeter groß. „Mo-ment mal, ich kriege hier gerade den Grund-riss ...also, es sind doch mehr als hundert Quadratmeter ... ich würde sagen, etwa 150 Quadratmeter."
Die wundersame Vergrößerung ereignete sich am Dienstag auf der Regierungspressekonferenz. Und was noch mehr erstaunt: Die Schlagzeilen sind seitdem auch nicht kleiner geworden.
Im Gegenteil: „Wer zahlt Putzfrau, Koch und Gärtner?", fragte die Bild-Zeitung, als ob sie's nicht besser wüsste: Natürlich der Steuerzahler, schließlich hat es der Landtag so beschlossen - auch wenn er es bis heute offenbar nicht bemerkte. PDS-Fraktionschef Peter Porsch war von den Dienst-Verhältnissen im Hause Biedenkopf jedenfalls so überrascht, dass er nun auch an der Urheberschaft des Kochbuchs von Ingrid Biedenkopf zweifelt: „Wer ist der Ghostwriter dieses Kochbuchs, und wurde er ebenfalls aus dem Staatshaushalt bezahlt?" Die Antwort steht übrigens noch aus.
Vermutlich hatte Frau Biedenkopf bisher einfach keine Zeit, weil sie sich lieber für ihre Sachsen einsetzt. Zum Beispiel am Montag in Hamburg, wo sie für die Aufnahme von sächsischen Produkten in die Regale der Wal-Mart--Märkte warb natürlich erfolgreich. Was niemand sagte: In Ministerien sah man die Aktion eher mit gemischten Gefühlen. Schließlich gilt die amerikanische Kette in deutschen Landen zu den Preisbrechern. Ob die Hamburg- Visite der große Coup für die sächsischen Produzenten war, muss man also noch abwarten.
Die Ratlosigkeit in der Staatsregierung ist groß, und am meisten fragt man sich, wer die Presse wohl auf diese Fährte gebracht hat. Dem SPD-Abgeordneten
Karl Nolle traut man es nicht zu, weil man ihn nicht für voll nimmt. Der Ex-Finanzminister Georg Milbradt kann es nicht gewesen sein, weil er als Königsmörder da stände. Bleibt eigentlich nur noch die einfachste aller Erklärungen: Hat schon mal jemand den Gärtner gefragt?