BILD-Zeitung Dresden, 02.05.2001
Putzfrau gratis, Koch gratis, Gärtner gratis...und Wohnung fast gratis
Muss Biedenkopf alles zurückzahlen?
DRESDEN. Das wird kein schöner Tag für Sachsens Ministerpräsidenten! Heute veröffentlicht die Dresdner Staatskanzlei ihren Bericht über das umstrittene Finanzgebaren von CDU-Regierungschef Kurt Biedenkopf (71). Bild erfuhr: Die Staatskanzlei sieht keinen Grund für einen Rücktritt. Möglicherweise könnte der CDU-Politiker aber gezwungen werden, nachträglich für die Gratisnutzung landeseigener Bediensteter zu zahlen! Noch unklar ist, ob die Miete für seine Dienstwohnung angemessen hoch war.
Biedenkopfs Luxus-Affäre
Kurt Biedenkopf und Ehefrau Ingrid (70) halten sich bedeckt, wollen Fragen nach ihrem Luxusleben auf Staatskosten nicht beantworten. Auf ihrer Dienstreise durch die USA (3 Wochen, First-Class-Flug) wiesen sie TV-Reporter des MDR ab: Der „sächsische Tratsch“ über Gratis-Putzfrau und Billigmiete interessiere sie nicht.
Heute soll ein Ermittlungsbericht der Staatskanzlei Licht in die Luxus-Affäre bringen. Das Papier, so berichteten Insider vorab, bestätigt vor allem, was längst bekannt ist: Seit 1990 leben Biedenkopfs zur Miete im Gästehaus der Landesregierung auf 155 Quadratmetern. Sie nutzen die Dienste von Chauffeur, Putzfrau, Koch, Gärtner, notfalls auch in ihrer Residenz am Chiemsee, zu der Dresdner Dienstpersonal mitreiste.
Bis 1997 wohnten die Biedenkopfs mietfrei, verzichteten lediglich auf den „Ortszuschlag“ eines Ministerpräsidenten (monatlich rund 930 Mark). Seit 1997 zahlen sie 1857 Mark Warmmiete.
Heute will Biedenkopfs Staatskanzlei Georg Brüggen (42, CDU) den Rechenschaftsbericht zu den umstrittenen Wohnverhältnissen vorlegen. Was steht drin? Regierungssprecher Michael Sagurna (45): „Die Arbeitsgruppe hat auch fünf Gutachten, unter anderem zur Miethöhe und zur Autobenutzung, anfertigen lassen. Er wird auch zu Konsequenzen Stellung nehmen, wie eventuellen Nachzahlungen.“ Personelle Konsequenzen werde es aber nicht geben. „Der Ministerpräsident hat nicht die Absicht zurücktreten.“
Die Partei jedoch geht zunehmend auf Abstand. Der Versuch einer Solidaritäts-Erklärung für den Landesherrn stieß bei 11 von 27 CDU-Kreisverbänden auf eisiges Schweigen. Auch in der Regierung rückt man zusehends vom Kabinettschef ab. Ein hoher Ministerialbeamter: „Wenn Biedenkopf klug ist, kommentiert er den Bericht mit ein wenig Reue, in Form von Nachzahlungen und einem Bekenntnis zur Demokratie. Aber wenn er dumm ist, wischt er die Putzfrauenaffäre wie bisher stur vom Tisch.“
(Dieter Schlüter)